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JUSTIÇA NO EXTERIOR •<br />

FRANKSURTER ALLGEMEINE (BL) • POLITIK • 16/9/2011 • 17:47:04<br />

Polen und die Euro-Krise: Teile und rette?<br />

Polen befürchtet, vor lauter Krisenräten der Euro-Länder in Brüssel immer mehr an Einfluss<br />

zu verlieren. Deshalb präsentiert sich Warschau als Verfechter der Finanzdisziplin -<br />

meistens.<br />

Von Konrad Schuller,<br />

Warschau<br />

Polen füllt seinen<br />

turnusmäßigen Vorsitz im<br />

Rat der Europäischen Union<br />

mit Gesten aus, die einen<br />

neuen Führungsanspruch<br />

signalisieren. In Warschau<br />

sind die Rollen dabei geteilt.<br />

Finanzminister Rostowski<br />

tritt als Kassandra und S-<br />

chulmeister auf und malt<br />

seinen<br />

säumigen<br />

europäischen Kollegen die<br />

Gefahr neuer Kriege aus.<br />

Ministerpräsident Tusk dagegen,<br />

ein Meister<br />

proeuropäischer Rhetorik, tut<br />

sich weniger durch Unkenrufe<br />

als mit dem Hinweis auf<br />

die neue Stärke des<br />

Europäischen Ostens hervor.<br />

Unlängst hat er genüsslich<br />

vorgerechnet, dass im zweiten<br />

Quartal dieses Jahres von<br />

den fünf Ländern mit dem<br />

höchsten Wirtschaftswachstum<br />

in der Union vier im<br />

Osten lägen: Estland, Lettland,<br />

Litauen – und eben<br />

Polen.<br />

In der Debatte über die Rettung<br />

des Euros beansprucht<br />

Polen deshalb Teilhabe. Dieser<br />

Anspruch hat zwei Grundlagen:<br />

Polen sieht sich als<br />

eines der vorbildlichen<br />

Länder in der Union. Seine<br />

Verschuldung ist moderat,<br />

und seine Verfassung weist<br />

schon seit Jahren eine Schuldenbremse<br />

auf, welche die<br />

Regierung zu strikter Finanzdisziplin<br />

zwingt. In vergangenen<br />

Rettungsaktionen<br />

jenseits der Eurozone (etwa<br />

für Island, Lettland und Moldau)<br />

hat Warschau finanzielle<br />

Beteiligung angeboten.<br />

Aus all diesen Gründen wird<br />

Polen – ebenso wie andere<br />

Länder aus der Nordhälfte<br />

Europas – in den<br />

gegenwärtigen Euro-<br />

Debatten auch in Berlin als<br />

Verbündeter betrachtet.<br />

Der polnische Anspruch auf<br />

Mitsprache wird allerdings<br />

durch den Umstand<br />

geschwächt, dass das Land<br />

anders als etwa die Slowakei,<br />

Slowenien oder Estland den<br />

Euro noch nicht eingeführt<br />

hat. Deshalb sieht die Regierung<br />

die Gefahr, an wichtigen<br />

Entscheidungen über die<br />

Zukunft der Union nicht beteiligt<br />

zu werden. Warschau<br />

fürchtet, in der EU an den<br />

Rand gedrängt zu werden,<br />

was in der öffentlichen Diskussion<br />

die historisch begründete<br />

Angst vor einer<br />

neuen Isolation zwischen den<br />

mächtigen Nachbarn Russland<br />

und Deutschland weckt.<br />

Tusk hat für die Euro-<br />

Einführung nie einen Termin<br />

genannt<br />

Heute rächt es sich deshalb<br />

für den verbalen Euro-<br />

Enthusiasten Tusk, dass er<br />

bei<br />

der<br />

Gemeinschaftswährung bisher<br />

strikten Pragmatismus<br />

gezeigt und für die Einführung<br />

des Euro nie einen<br />

Termin genannt hat. Polnische<br />

Europapolitiker wollen<br />

umso dringender verhindern,<br />

dass wichtige Entscheidungen<br />

allein im Klub der Euro-<br />

Staaten gefällt werden. Tusk<br />

sagt etwa, Gedanken über<br />

„neue Verträge“ zur Rettung<br />

des Euro hätten Sinn, „wenn<br />

sie ganz Europa betreffen, ...<br />

und nicht, wenn sie von dem<br />

Versuch gekennzeichnet<br />

sind, irgendeinen exklusiven<br />

Klub abzukapseln, der Europa<br />

politisch und wirtschaftlich<br />

wieder teilen will“.<br />

Das Angebot Warschaus an<br />

potentielle Verbündete wie<br />

Berlin ist damit: Wir stärken<br />

den „nordischen“ Klub der<br />

finanzpolitischen Vernunft,<br />

aber dafür wollen wir mit am<br />

Tisch sitzen, wenn die Entscheidungen<br />

fallen. Die<br />

Glaubwürdigkeit dieses Angebots<br />

leidet allerdings etwas<br />

durch den Umstand, dass<br />

Warschau in der<br />

Europäischen Union nicht<br />

wirklich in jeder Hinsicht als<br />

Vertreter straffer Budgetdisziplin<br />

auftritt. In den Verhandlungen<br />

um den EU-<br />

Haushalt für die Jahre 2014<br />

bis 2020 dringt das<br />

Empfängerland Polen (anders<br />

als Deutschland und andere<br />

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