MITTEILUNGEN und BERICHTE - Staatliche Museen zu Berlin
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1.1.4 Besonderheiten qualitativer Interviews mit Kindern<br />
Qualitative Untersuchungen mit Kindern, in denen speziell Erfahrungen mit der<br />
Methode des Interviews gesammelt wurden, sind vor allem im Bereich der Kind-<br />
heitsforschung durchgeführt worden. Ausführungen <strong>zu</strong> den Problemen im Inter-<br />
view mit Kindern, die in der methodischen Vorgehensweise berücksichtigt werden<br />
müssen, existieren jedoch kaum. 151<br />
Generelle Vorbehalte, die gegen qualitative Interviews mit Kindern geäußert<br />
werden, betreffen vor allem die hohen Anforderungen intellektueller <strong>und</strong> kommu-<br />
nikativer Kompetenz 152 , die vermuteterweise im Gegensatz <strong>zu</strong> begrenzten Möglich-<br />
keiten im sprachlichen Ausdruck von Kindern stehen. Gesprächstherapeutische<br />
Erfahrungen in der Kinderanalyse <strong>und</strong> empirische Untersuchungen belegen jedoch,<br />
dass es möglich ist, „Kinder im Gr<strong>und</strong>schulalter ohne gravierende Validi-<br />
tätsprobleme <strong>zu</strong> befragen“ 153 <strong>und</strong> dass die Verbalisierungsfähigkeit von Kindern<br />
innerhalb einer bestimmten Altersgrenze durchaus den Ansprüchen des qualitati-<br />
ven Interviews genügen. 154 Als besonders geeignetes methodisches Instrument in<br />
empirischen Untersuchungen im Zusammenhang mit Kindern erwiesen sich ver-<br />
schiedene Varianten des Leitfadeninterviews. 155<br />
Vorrausset<strong>zu</strong>ng für die Befragung von Kindern ist die kindgerechte Gestaltung der<br />
Untersuchungsmaterialien, -bedingungen <strong>und</strong> –anforderungen. Deshalb sind die<br />
im vorhergehenden Abschnitt beschriebenen Kriterien bezüglich qualitativer Inter-<br />
views noch stärker <strong>zu</strong> berücksichtigen <strong>und</strong> auf die kindlichen Bedürfnisse ab<strong>zu</strong>-<br />
stimmen.<br />
Um dies <strong>zu</strong> gewährleisten, wurde die Interviewsituation in Probebefragungen mit<br />
Kindern getestet <strong>und</strong> entsprechend modifiziert. So wurde festgestellt, dass die<br />
Aufmerksamkeitsspanne der meisten Kinder im Gruppeninterview nach etwa 20<br />
bis30 Minuten erschöpft ist, weshalb diese Zeiteinheit möglichst nicht<br />
überschritten werden sollte. Von der Idee, die Befragung in einem leeren<br />
Büroraum durch<strong>zu</strong>führen, wurde nach der Prätestphase der Probeinterviews<br />
Abstand genommen, da die Kinder durch die fremde Umgebung <strong>zu</strong> sehr<br />
verunsichert wirkten. Statt dessen fand die Befragung im Ballraum der Ausstellung<br />
statt, da die Besucher sich mit dieser Umgebung vertraut gemacht hatten <strong>und</strong> sich<br />
151 Vgl. Heinzel, 1997, S.396.<br />
152 Vgl. Lamnek, 1995, S.66 Der Befragte im qualitativen Interview muss seine Gedankengänge aus<br />
dem Stehgreif in verständlicher <strong>und</strong> nachvollziehbarer Form verbalisieren <strong>und</strong> artikulieren.<br />
153 Heinzel, 1997, S.399. Lang bestätigte in einer empirischen Untersuchung der „Fo<strong>und</strong>ation for Child<br />
development“ die Validität von Befragungen mit Kindern. Lang, 1985, S.26.<br />
154 Siehe da<strong>zu</strong> auch Petillion, Hanns, Matthews, 1989 <strong>und</strong> Behnken & Zinnecker die qualitative<br />
Interviews mit Kindern durchführten. Wegen sprachlicher Probleme <strong>und</strong> aus entwicklungs-<br />
psychologischen Erwägungen wurden keine Befragungen mit Kinder unter fünf Jahren durchgeführt.<br />
Nach: Heinzel, 1997, S.401 f.<br />
155 Ebd. S.402.<br />
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