MITTEILUNGEN und BERICHTE - Staatliche Museen zu Berlin
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in Wirklichkeit vorkommen, untersucht <strong>und</strong> die soziale Wirklichkeit aus Sicht der<br />
Gruppenmitglieder rekonstruiert werden können. 169 Da der Mensch als soziales<br />
Wesen immer im Zusammenhang <strong>und</strong> Austausch mit seiner sozialen Umwelt, d.h.<br />
in Interaktion mit anderen Individuen steht, erscheint es sinnvoll, ihn nicht als<br />
isoliertes Einzelwesen, sondern eben im Zusammenhang mit anderen Personen <strong>zu</strong><br />
untersuchen. Zudem können auf ökonomische Weise die Positionen mehrerer<br />
Gesprächspartner ermittelt werden. 170<br />
Bei der Gruppenbefragung herrscht in der Regel eine entspanntere Atmosphäre,<br />
weil der Einzelne nicht so stark gefordert ist <strong>und</strong> sich im Zweifelsfall hinter der<br />
Gruppe „verstecken“ kann. Dies ist insbesondere vor dem Hintergr<strong>und</strong> <strong>zu</strong> sehen,<br />
dass es sich bei den Befragten um Kinder handelt, denen möglichst der Druck der<br />
unbekannten Interviewsituation genommen werden soll. Das Bewusstsein der<br />
Anwesenheit mehrer Personen soll Redehemmungen des Einzelnen kompensieren<br />
<strong>und</strong> <strong>zu</strong>r Mitteilung eigener Ansichten motivieren. Das Mithören der Antworten<br />
anderer kann <strong>zu</strong>dem die eigenen Gedanken anregen, so dass sich mehr Ideen<br />
entwickeln, als im Einzelgespräch. 171<br />
Aufgabe des Interviewers ist es besonders in Gruppenbefragungsverfahren, das<br />
Gespräch <strong>zu</strong> dirigieren <strong>und</strong> <strong>zu</strong> leiten., die Antwortdominanz einzelner Teilnehmer<br />
ein<strong>zu</strong>schränken <strong>und</strong> eventuelle Schweiger in der Gruppe <strong>zu</strong>m Antworten <strong>zu</strong><br />
motivieren. Es sollte jedoch keinesfalls inhaltlichen Einfluss im Sinne von<br />
suggestiver Fragestellung o.ä. ausgeübt werden. 172<br />
Als Befragungsinstrument für die Begleitpersonen in der Fallgruppe der Gruppen-<br />
besucher wurde das problemzentrierte Interview in Anlehnung an Witzel 173 ausge-<br />
wählt, das auch für die Befragung der Kinder <strong>und</strong> Erwachsenen in der Fallgruppe<br />
der Individualbesucher angewendet wurde. Falls in der Fallgruppe der Individual-<br />
besucher eine kleine Gruppe von etwa zwei bis vier Kindern die Ausstellung be-<br />
suchte, wurden diese, aufgr<strong>und</strong> bereits genannter Vorteile, <strong>zu</strong>sammen befragt. 174<br />
Witzel definiert das problemzentrierte Interview als eine „Methodenkombination<br />
bzw. -integration von qualitativem Interview, Fallanalyse, biographischer Methode,<br />
169 Merton, Fiske <strong>und</strong> Kendall gingen davon aus, dass in einer Gruppe durch Interaktionen auch<br />
spontane Äußerungen hervorgerufen <strong>und</strong> latente Meinungen geäußert werden. Vgl. Merton et al,<br />
1956, S.141 ff.<br />
170 Vgl. Lamneck, 1989, S.142 ff. In Be<strong>zu</strong>g auf Untersuchungen <strong>und</strong> Evaluationen in <strong>Museen</strong> <strong>und</strong><br />
Ausstellungen werden Gruppenbefragungen vergleichsweise selten angewendet. Dies kann darauf<br />
<strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>führen sein, dass diese Verfahren insgesamt weniger methodologisch untermauert <strong>und</strong><br />
entwickelt sind <strong>und</strong> dementsprechend in der Forschungspraxis auch seltener an<strong>zu</strong>treffen sind als<br />
Methoden <strong>zu</strong>r Untersuchung von Einzelindividuen. Vgl. hier<strong>zu</strong> Lamnek, 1989, S.121, Flick, 1995,<br />
S.186.<br />
171 Vgl. Bortz, 2003, S.293 f.; Steward, 1990, S.33-50.<br />
172 Es gelten die gleichen Gütekriterien wie unter Punkt 1.1.3 der Methodikdarstellung beschrieben.<br />
173 Vgl. Witzel, 1985.<br />
174 Hier musste vor allem das Alter der Kinder berücksichtigt werde, da keine Kinder unter sechs Jahren<br />
befragt werden sollten.<br />
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