DING UND EVIDENZ: DER VERSTANDESBEGRIFF UND DIE ...
DING UND EVIDENZ: DER VERSTANDESBEGRIFF UND DIE ...
DING UND EVIDENZ: DER VERSTANDESBEGRIFF UND DIE ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
— 452 —<br />
Mit der hier gebrauchten Unterscheidung in empirischem und<br />
transzendentalem Gebrauch wird freilich nicht etwa die Idee der<br />
transzendentalen Subsumtion aufgegeben: 347 »Denn da haben wir gesehen,<br />
daß Begriffe ganz unmöglich sind, noch irgend eine Bedeutung haben<br />
können, wo nicht, entweder ihnen selbst, oder wenigstens den Elementen,<br />
daraus sie bestehen, ein Gegenstand gegeben ist, mithin auf Dinge an sich<br />
(ohne Rücksicht, ob und wie sie uns gegeben werden mögen) gar nicht<br />
gehen können; daß ferner die einzige Art, wie uns Gegenstände gegeben<br />
werden, die Modifikation unserer Sinnlichkeit sei; endlich, daß reine<br />
Begriffe a priori, außer der Funktion des Verstandes in der Kategorie, noch<br />
formale Bedingungen der Sinnlichkeit (namentlich des inneren Sinnes) a<br />
priori enthalten müssen, welche die allgemeine Bedingung enthalten, unter<br />
der die Kategorie allein auf irgend einen Gegenstand angewandt werden<br />
kann.« 348 Das Schematismuskapitel in der K. r. V. droht also das<br />
Problembewußtsein, das anhand der Diskussion der gegeben Zitate aus<br />
dem Duisburger Nachlaß gewonnen worden ist, insofern zu unterbieten,<br />
indem die formale Bedingung (im Schematismuskapitel der K. r. V.<br />
zunächst vorwiegend als Anschauungsform in Gebrauch) bereits die ganze<br />
allgemeine Bedingung (dann also schon die Regel des nexus) beinhalten<br />
347 Hier stellt sich die Frage: Vermögen empirische Begriffe als solche den reinen<br />
Verstandesbegriffen zu widerprechen? Vgl. R. Stuhlmann-Laeisz: Widersprechen<br />
empirische Begriffe ohne Bezug auf einen Gegenstand den transzendentalen Sätzen?<br />
Dieser Widerspruch ist im Vergleich zum Widerspruch zwischen empirischen<br />
Begriffen zu betrachten, die den Bezug zum Gegenstand erst jeweils mittels den<br />
transzendentalen Sätzen (den synthetischen Grundsätzen der Kategorien) erhalten<br />
(und damit die Wahrheitsfähigkeit). In diesem Sinne ist kein Widerspruch denkbar.<br />
Andererseits D. Henrich: alle sinnlichen Begriffe der Anschauung müssen unter<br />
Kategorien zu bringen sein (§ 20). Die Vorstellung, es gäbe derart einen empirischen<br />
Begriff, der nicht den Bedingungen der Kategorien genügen könnte, würde schon<br />
einen Widerspruch hervorrufen. Das Problem entsteht aber nur aus einer nur<br />
scheinbar noch strengeren Fragestellung: alle empirischen Begriffe müßten wahr<br />
sein. Letzteres ist offensichtlich eine Überinterpretation; die immer nur innere<br />
Widersprüchlichkeit von empirischen Begriffen, die keinen Bezug zum Gegenstand<br />
erhalten können, bleibt in der transzendentalen Reflexion verschieden vom<br />
Widerspruch zwischen wahren und falschen empirischen Begriffen, die alle einen<br />
solchen Bezug voraussetzen (§ 20) — und zwar unabhängig von dem<br />
Scheinproblem, ob empirische Begriffe überhaupt falsch sein könnten: Denn es ist<br />
erst festzustellen, ob ein empirischer Begriff falsch ist, weil er unmöglich ist oder<br />
eben bloß jetzt nicht zutrifft. Keinesfalls läßt sich daraus schließen, bei Kant müßten<br />
alle empirischen Begriffe zu den reinen Verstandesbegriffen im Widerspruch stehen.<br />
Vielmehr wäre mit sinnlichen Begriffen zu rechnen, die sich nicht nach Raum und<br />
Zeit darstellen lassen, und so auch nicht in die Verlegenheit kommen, der Forderung<br />
in § 20 nachkommen zu müssen. Vgl. Dieter Henrich, Die Beweisstruktur von Kants<br />
transzendentaler Deduktion«, in: Kant. Zur Deutung seiner Theorie von Erkenntnis<br />
und Handeln, Hrsg. v. G. Prauss, Köln 1973.<br />
348 K. r. V., B 178 f./A 139 f.,