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DING UND EVIDENZ: DER VERSTANDESBEGRIFF UND DIE ...

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— 514 —<br />

Intersubjektivität der Forschergemeinschaft (oder schlicht und einfach des<br />

auch von Kant häufig in Anspruch genommenen »common sense«) muß<br />

als kritische Erweiterung unbedingt willkommen sein; zumal es auch den<br />

ursprünglichen Intentionen Kants durchaus gut entspricht, die<br />

Erweiterung des Subjektes in Hinblick auf den Gattungsbegriff zu<br />

bedenken. 465 Allerdings ist die damit verbundene Beschränkung der<br />

Argumentation in deduktiver Absicht weder den methodischen Absichten<br />

Kants hinsichtlich des transzendentalen Beweises gemäß noch auch in<br />

sachlicher Hinsicht sinnvoll: Mit dem Hinweis, daß uns das mögliche<br />

Erfahrungsganze individuell doch kaum zugänglich sei, auf das<br />

Erfahrungsganze der Gattung zu hoffen, bleibt doch nur eine Verfehlung<br />

der eigentlichen Schwierigkeit, das mögliche Erfahrungsganze jenseits von<br />

bloßen Bestimmungen des Genus abstrakt zu umreißen. 466 — Und zwar in<br />

einem doppelten Sinne: Erstens erlaubt auch das Ausweichmanöver auf<br />

das Erfahrungsganze des Gattungswesens des Menschen keineswegs die<br />

Auflösung der Schwierigkeit, das Erfahrungsganze auch nur der<br />

Möglichkeit nach konkret zu bestimmen; man sieht sich auch dann sofort<br />

vor der nämlichen Schwierigkeit wie in der vom Subjektiven ausgehenden<br />

Deduktion der Kategorien. Zweitens aber ist diese Schwierigkeit nur<br />

transzendental aufzulösen und vermag auch nicht etwa auf der Ebene des<br />

Duisburger Nachlasses bewältigt zu werden, woher der Begriff einer<br />

Totalität des Erfahrungsganzen stammt, und eben die Totalität des<br />

Erfahrungsganzen erst aus der »Intellection« des transzendentalen<br />

465 Insbesondere Peter Frederic Strawson, The Bounds of Sense, London 1966; p. 122 f.;<br />

deutsch: Die Grenzen des Sinns, Königstein 1992, p. 102 f.. Das Argument beruht<br />

allerdings auf aus dem Zusammenhang gerissenen Aussagen Kants wie: A 110: Es<br />

gibt nur eine Erfahrung; verschiedene Erfahrungen sind nur Wahrnehmungen in<br />

einer allgemeinen Erfahrung. Damit ist zwar die Unterscheidung zwischen<br />

Wahrnehmungs- und Erfahrungsurteil weiters problematisierbar wie schon<br />

traditionellerweise die Unterscheidung zwischen qualitativen und quantitativen<br />

Prädikate, was eben zur Problematisierung von Wahrnehmungsurteile führt, da<br />

diese zum Teil sehr wohl Komponenten der Erfahrung voraussetzen, wie hier zum<br />

Anlaß der Kritik genommen, aber, und das ist hier entscheident, weder daraus zu<br />

folgern ist, daß z. B. die Wahrnehmung, daß ein geworfener Stein eine<br />

Fensterscheibe zertrümmert, kein Erfahrungsurteil im Sinne generalisierbarer<br />

Aussagen beinhalten soll, noch daß Erfahrungsurteile keinerlei<br />

Wahrnehmungsurteile beinhalten, was aus der These Strawsons gefolgert werden<br />

müßte.<br />

466 Vgl. Peter Rohs, Wahrnehmungsurteile und Erfahrungsurteile, in: Kant in der<br />

Diskussion der Moderne, Hrsg. von Gerhard Schönrich und Yasushi Kato,<br />

Frankfurt/Main, 2 1997 (Suhrkamp, stw 1223), p. 166-189. So glaubt Rohs, daß die<br />

Unterscheidung in Wahrnehmungs- und Erfahrungsurteile wegen ihrer<br />

Doppeldeutigkeit immanent einerseits Kants transzendentalphilosophischen Ansatz<br />

und andererseits Strawsons sprachphilosophischen Ansatz zu vereinbaren erlaubt.

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