DING UND EVIDENZ: DER VERSTANDESBEGRIFF UND DIE ...
DING UND EVIDENZ: DER VERSTANDESBEGRIFF UND DIE ...
DING UND EVIDENZ: DER VERSTANDESBEGRIFF UND DIE ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
— 319 —<br />
zu werden. — Selbst Karl Popper hat im Anhang seiner Logik der<br />
Forschung es noch für notwendig befunden (im Gegenzug zu der Tendenz<br />
derselben, nicht-falsifizierbare »metaphysische« Sätze aus den<br />
Naturwissenschaften auszuschließen) eine »Strukturtheorie« zu situieren,<br />
die es erlauben können sollte, Falsifikationen einzelwissenschaftlicher<br />
Sätze mittels Ableitungen aus allgemeineren Sätzen der Naturwissenschaft<br />
mit neuen konkret-allgemeinen Hypothesen zu beantworten. 101 Hier ist die<br />
Situation aber umgekehrt: Die Beweglichkeit ist wie andere Grundbegriffe<br />
der M. A. d. N. auch kein Konzept aus allgemeineren Sätzen, sondern sind<br />
Begriffe einer universiellen komparativen Allgemeinheit, die aus der als<br />
vergangen gesetzten Zeit (dann allerdings bereits mit mechanisch-kausaler<br />
Begründung) herausgehoben werden. Als solche gehören sie nicht selbst<br />
zur mathematischen Theorie der Naturwissenschaften, aber auch nicht<br />
zum transzendentalen Deduktionsgang der Kategorien. Stellt sich die<br />
Frage nach der Ganzheit des transzendentalen Schematismus, wird aber<br />
auf die Begriffe von universiell-komparativer Allgemeinheit vielleicht<br />
nicht verzichtet werden können. 102 — Der fragliche Anspruch, konkretallgemeine<br />
Sätze apodiktisch zu behaupten, hängt hier also nur von<br />
zweierlei Voraussetzungen ab: Erstens von den kategorialen<br />
Bestimmungen, die Kant aus den transzendentalen Bedingungen der<br />
Möglichkeit der Erfahrung überhaupt abgeleitet und gerechtfertigt hat.<br />
Zweitens von nicht abgeleiteten, aber letztlich für uns nur a parte priori<br />
gerechtfertigten metaphysischen Anfangsgründen der Naturwissenschaft.<br />
Zu dieser Rechtfertigung gehörte letztenendes die vollständige Erfahrung<br />
von der Natur. Ob dies den Fähigkeiten unseres Verstandes und unserer<br />
Vernunft überhaupt entsprechen kann, muß zunächst ebenso offen<br />
bleiben, wie eine entgegengesetzte Behauptung. Jedenfalls kann diese<br />
Frage erst am Ende der Zeit entschieden werden, einstweilen bleibt auch<br />
diese Forderung an unsere Fähigkeiten ein Postulat, wenngleich auch eines<br />
der Vernunft in Anwendung auf empirische Fragen. Wir haben uns nur zu<br />
fragen, ob für gewisse Abschnitte der Naturwissenschaft unsere<br />
gesammelte Erfahrung nicht schon ausreichen müßte, um bestimmte<br />
konkret-allgemeine empirische Aussagen apodiktisch zu behaupten. —<br />
Das ist aber eine ganz andere Problemstellung, als Stuhlmann-Laeisz hier<br />
in § 19 Kant unterschoben hatte.<br />
101 Karl Raimund Popper, Logik der Forschung, Verlag J. C. B. Mohr, Tübingen 5 1973,<br />
Neuen Anhang, X. Universalien, Dispositionen und Naturnotwendigkeit, p. 377<br />
102 Siehe hier das vierte Kapitel in diesem Abschnitt.