DING UND EVIDENZ: DER VERSTANDESBEGRIFF UND DIE ...
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rationata — oder immer schon analytisch als Ganzheit in der Idee gegeben<br />
— ut constitutiva ) vermögen selbst nur Elemente der Begründung<br />
(Rechtfertigung) einer Ableitung, aber nicht Grund der Ableitung eines<br />
weiteren wesensnotwendigen Prädikates als das eine Eigenschaft eines<br />
bestimmten einzelnen Gegenstandes Aussagende zu sein. Der Grund der<br />
wesenslogischen Ableitung und der Grund seiner rationalen Begründung<br />
sind nicht ident, obgleich beide sich auf die selbe vorausgesetzte Identität<br />
beziehen. 129 Der intuitive Wesensbegriff wird damit aber nicht erreicht<br />
sondern nur seine wesensnotwendigen Prädikate, aus welchen selbst zwar<br />
keine weiteren wesentlichen Prädikate abzuleiten sind, aber zur<br />
Rechtfertigung einer weiteren Intuiton dienen können. Gerade aber die<br />
qualitative Einheit des Begriffes vom Objekt ist damit vom intuitiven<br />
Wesensbegriff bedroht: »Im einzelnen Urteil hingegen wird der<br />
Prädikatsbegriff allein auf den Gegenstand bezogen [Kant meint in diesem<br />
Zusammenhang: nicht auf andere Begriffe], denn hier fungiert als Subjekt<br />
eine Vorstellung von Einzelnem, und "repraesentatio singularis" — hat<br />
einen intuitum, zeigt ihn unmittelbar an, ist aber im Grunde kein<br />
conceptus. Z. B. Sokrates ist kein conceptus.« 130<br />
Das heißt soviel wie: Wird der Begriff vom Objekt als intuitiver Begriff im<br />
Sinne einer Einzelanschauung verstanden, wie offenbar der Teilbegriff als<br />
»Vorstellung des ganzen Gegenstandes« aufgefaßt werden kann, so ist ein<br />
Begriff als conceptus, somit eine Definition des Objekts oder eine<br />
Hypothese über das Objekt des Begriffes der qualitativen Einheit, gar nicht<br />
möglich. Nun ist im hier verhandelten Fall von der Intuitivität des<br />
Wesensbegriffes die Rede, was für sich nicht allein Anschauung sondern<br />
auch Idee bedeuten kann. So ist auch das obige Zitat aus der Logik Dohna-<br />
Wundlacken zwar eine Vorstellung, die auf das Einzelne, also auf das<br />
existierende Objekt, verweist, was im allgemeinen als eine zureichende<br />
Definition von Anschauung gelten kann, doch bringt das Beispiel vom<br />
Sokrates einen Aspekt herein, der eindeutig ideell und nicht anschaulich<br />
ist. Insofern bleibt auch das wesentliche oder die wesentlichen, nicht aus<br />
anderen Prädikaten abgeleiteten Begriffe in dieser Schwebe. Der<br />
Wesensbegriff bleibt zwischen Idee und Anschauung unentschieden (wohl<br />
auch wegen der Möglichkeit der Selbstversinnbildlichung einer Idee von<br />
einem Objekt der Erscheinung) und ist eine »repraesentatio singularis« mit<br />
129 Vgl. Kants Antwort auf Eberhard; vgl. hier Abschnitt B »Logik der Wahrheit«,<br />
Kapitel »Die Zeitbedingung der Wahrheit«, a) »Die wesenlogische Erörterung«<br />
130 (Logik Dohna-Wundlacken, AA XXIV, p. 754)«