DING UND EVIDENZ: DER VERSTANDESBEGRIFF UND DIE ...
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Es soll aber weiter der Argumentation im Schematismuskapitel gefolgt<br />
werden: Die formale und reine Bedingung der Sinnlichkeit enthält also die<br />
allgemeine Bedingung zur Anwendung der Kategorie auf Sinnlichkeit;<br />
zugleich ist die formale Bedingung im reinen Begriff a priori nach wie vor<br />
enthalten. 393 Das kann aber selbst nur in Gestalt einer allgemeinen Regel<br />
möglich sein. So müßte der reine Verstandesbegriff allererst auf die<br />
Anwendung auf Sinnlichkeit überhaupt restringiert werden, um zu der<br />
allgemeinen Bedingung für Gegenstände aller empirischen Vorstellungen<br />
zu kommen. Kant kommt aber nicht auf die Zeit, die in der »empirischen<br />
Vorstellung der Erscheinungen« (also als Produkt der reproduktiven<br />
Einbildungskraft) enthalten ist, zurück, sondern hält offensichtlich das<br />
Mannigfaltige der formalen Bedingung des inneren Sinnes schon wegen<br />
der Weiterbestimmung des Zusammennehmens der Apprehension mit<br />
dem Begriff der Verknüpfung des Mannigfaltigen für ausreichend, die<br />
allgemeine Bedingung so zu formulieren, daß auch die Zeit, die in der<br />
empirischen Vorstellung enthalten ist, als gleichartig apperzipiert werden<br />
kann. 394 Die mit der logischen Regel des sukzessiv Veränderlichen<br />
verbundene Voraussetzung, daß Erscheinungen sich auf Gegenstände zu<br />
beziehen haben, garantiert in dieser Allgemeinheit die Erfüllbarkeit der<br />
»reinen Begriffe a priori«, auch wenn damit keine dynamischen<br />
Verhältnisprädikte selbst mit eingehen.<br />
b) Intellektualität versus Anschauung<br />
I.<br />
Es ist kein Zufall, daß Kant für die vermeintliche Demonstration des<br />
Objektes als Gegenstand der Erfahrung in § 18 zuerst ein Beispiel der<br />
Anwendung geometrischer Erkenntnisse auf einen sinnlich gegebenen<br />
393 »Denn da haben wir gesehen, daß Begriffe ganz unmöglich sind, noch irgend eine<br />
Bedeutung haben können, wo nicht, entweder ihnen selbst, oder wenigstens den<br />
Elementen, daraus sie bestehen, ein Gegenstand gegeben ist, mithin auf Dinge an<br />
sich (ohne Rücksicht, ob und wie sie uns gegeben werden mögen) gar nicht gehen<br />
können; daß ferner die einzige Art, wie uns Gegenstände gegeben werden, die<br />
Modifikation unserer Sinnlichkeit sei; endlich, daß reine Begriffe a priori, außer der<br />
Funktion des Verstandes in der Kategorie, noch formale Bedingungen der<br />
Sinnlichkeit (namentlich des inneren Sinnes) a priori enthalten müssen, welche die<br />
allgemeine Bedingung enthalten, unter der die Kategorie allein auf irgend einen<br />
Gegenstand angewandt werden kann.« (B 178 f./A 139 f.)<br />
394 Vgl. Die Zeitbedingung der Wahrheit. Damit gäbe es ein weiteres Motiv für den<br />
erweiterten Gebrauches des Terminus »Verknüpfung«. Die allgemeine Bedingung<br />
der Verknüpfung muß schon ein Erfahrungsbegriff sein, auch wenn dieser kein<br />
dynamisches Prinzip ausdrückt.