DING UND EVIDENZ: DER VERSTANDESBEGRIFF UND DIE ...
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ein adequates Bild, so wie jedes konkrete Triangel einen diskret<br />
bestimmten Konstruktionsbegriff besitzt. Diese Beziehung ist eben<br />
asymmetrisch, da wohl jede konkrete Figur nur einen diskreten<br />
Konstruktionsbegriff, aber doch ein solcher eine Vielzahl identer Figuren<br />
besitzen kann. Weiters ist es bekanntlich möglich, aus ein und demselben<br />
diskreten Konstruktionsbegriff zwei zueinander symmetrische Figuren zu<br />
konstruieren, die nicht ineinander überführt bzw. nicht als ident<br />
bezeichnet werden können. 415 Darüber hinaus sind die näheren<br />
quantitativen Bestimmungen noch neben der Dimensionsbestimmung (ob<br />
Strecke oder Winkel) weiteren Bestimmungen der Verhältnisse ihrer<br />
Elemente unterworfen, um ein Dreieck erzeugen zu können, die nicht im<br />
»philosophischen« Begriff vom Triangel enthalten sind; so eben der Satz<br />
von der Winkelsumme euklidisch-ebener Dreiecke, oder daß die Summe<br />
der Katheten kleiner sein muß als die Strecke der Hypotenuse. 416 Es ist<br />
dabei zweifelos gesondert von der Unterscheidung in »Schema« und<br />
»Schematismus« zu beachten, daß im Konstruktionsbegriff bzw. im<br />
Schema des »philosophischen« Begriffes einer geometrischen Figur<br />
ursprünglich selbst nichts davon zu finden sein darf, was dem<br />
synthetischen Urteil a priori in der reinen Geometrie entspricht. 417<br />
Kant unterscheidet aber die konkrete Anschauung nochmals zwischen<br />
geometrischen Gegenstand der Vorstellung und empirischen Gegenstand,<br />
auf welchen geometrische Verhältnisse angewendet werden können,<br />
sofern die Figuren der reinen Anschauung in der Analytik selbst nichts<br />
sind als Vorstellung reiner Anschauung und nicht noch Vorstellung von<br />
etwas.<br />
415 Prolegomena, § 13<br />
416 Hintikka weist historisch nach, daß nach Euklid in der Unterscheidung der Sätze in<br />
Protasias, Ekthesis, Kataskeue, Apodeixis, im Begriff der Kataskeue die Idee der<br />
Synthesis enthalten ist. Sie entspricht im Rahmen der konstruierenden Geometrie<br />
den Hilfslinien. (Kant on the Mathematical Method, in: Ed. L. W. Beck, La Salle 1969,<br />
p. 117 ff.. Vgl. zum zentralen Element Th. L. Heath; the Thirteen Books of Euklid‘s<br />
Elements translated with Introduction und Commantary, 2nd Ed., New York 1956,<br />
Three Volumes, Vol. I., p. 129 f..<br />
417 K. r. V., B 746 f./A 718 f.: »Ich würde also umsonst über den Triangel<br />
philosophieren, d.i. diskursiv nachdenken, ohne dadurch im mindesten weiter zu<br />
kommen, als auf die bloße Definition, von der ich aber billig anfangen müßte.«