DING UND EVIDENZ: DER VERSTANDESBEGRIFF UND DIE ...
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und die Vollständigkeit im Begriff (Definition bzw. Hypothese), nicht die<br />
Vollständigkeit im Dasein entscheidend. Offenbar wird hier nur die<br />
Relation von Merkmal und Folge behandelt und nicht die Möglichkeit<br />
realer Zusammengeltung von Merkmalen oder Folgen eines Objektes im<br />
Modus des Zugleichseins. Allerdings sticht hier eine Inkonsequenz<br />
Kantens ins Auge: Offenbar bezeichnet Kant im letzten Satz des gegebenen<br />
Zitates das, was in der Hypothese gedacht wird, als synthetisches Urteil a<br />
priori (ohne Hilfshypothese), die Rückführung als a posteriori analytisch.<br />
Letzteres ist unbestreitbar; weshalb eine Hypothese, nur weil sie ohne<br />
Hilfshypothese als wahr erwiesen werden konnte, als ein synthetisches<br />
Urteil a priori bezeichnet werden können sollte, bleibt unklar; bestenfalls<br />
könnte hier die Formulierung »a parte priori« diskutiert werden. Es ist hier<br />
auch nicht die geeignete Stelle, durch Nachforschungen in der Kantschen<br />
Logik eine etwa dahinter stehende logische These zu identifizieren, denn,<br />
wenn auch, wie ich vermute, die Erklärung dieser Stelle in der »verdeckten<br />
Konsequenz« zu suchen ist, die nach Kant die unechten Syllogismen (die<br />
nicht Barbara sind) kennzeichnen und später in einer Theorie des<br />
hypothetischen Urteils herangezogen werden, 124 würde die »verdeckte<br />
Konsequenz« nicht zureichen, von einer Theorie des synthetischen Urteil a<br />
priori zu sprechen. Es bleibt der Verdacht, Kant hätte hier<br />
unerlaubterweise die ursprünglich-synthetische Einheit der Apperzeption<br />
(§ 16) abermals mit einem anderen Problemkreis in Verbindung gebracht<br />
(wie zuvor in § 24 anhand der transzendentalen Einbildungskraft mit den<br />
Kategorien), diesmal demnach mit der inneren Begründungsproblematik<br />
der formalen Aussagenlogik. Ich weigere mich nach wie vor, die<br />
ursprünglich-synthetische Einheit der Apperzeption aus § 16 analytischdeduktiv<br />
zu belasten: weder enthält diese Einheit schon die Kategorien<br />
(und zwar weder mit noch ohne transzendentale Einbildungskraft), und<br />
noch weniger kann diese »Synthesis a priori« (wie Kant sich in § 12<br />
ausdrückt) die formallogischen Probleme beheben. Bemerkenswert bleibt,<br />
daß sich auch hier die Schwierigkeit durchzeichnet, das hypothetische<br />
124 Kants Werke, Akademie – Textausgabe, Walter de Gruyter, Berlin 1968, Bd. IX; § 25,<br />
Anmk. 2: in kategorischen Urteilen ist alles assertorisch, in hypothetischen nur die<br />
Konsequenz. § 74:aus den letzten drei Figuren des Syllogismus erhellt, daß in einem<br />
jeden unmittelbaren Schluß (consquentia immediata) eingemischt ist, der zwar nicht<br />
ausdrücklich bezeichnet wird, aber doch stillschweigend mit einverstanden werden<br />
muß. § 75, Anmk. 1: der versteckte Minor ist der von einem problematischen Satz<br />
des Antecendes im Übergang zur Geltung der Konsequenz in einen kategorischen<br />
Satz verwandelte Antecedens. § 80: ein versteckter Vernunftschluß, in welchem dir<br />
rinr Prämisse nicht ausgedrückt, sondern nur mit gedacht wird, heißt ein<br />
verstümmelter oder ein Enthymema. Vgl. hier den vierten Abschnitt, II, b.