DING UND EVIDENZ: DER VERSTANDESBEGRIFF UND DIE ...
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Im ersten Fall bestimmt die Sinnlichkeit die Grenze des Verstandes, im<br />
zweiten Fall bestimmt die transzendentale Ästhetik »die Grenzen des<br />
Gebrauchs der reinen Form unserer sinnlichen Anschauung«. Demnach<br />
bestimmt die transzendentale Ästhetik nicht selbst »die reine Form unserer<br />
sinnlichen Anschauung«; dazu sind zwei Fragen zu stellen: erstens, von<br />
woher nimmt die transzendentale Ästhetik ihre Gründe; zweitens, woher<br />
nimmt die »reine Form« ihre Gründe? Ersteres ist kaum zu beantworten;<br />
jedenfalls kann von hier aus nur auf die metaphysischen Erörterungen des<br />
Raumes verwiesen werden. Zweiteres ist zur Beantwortung einfach<br />
entweder auf die transzendentale Psychologie zwischen rationaler<br />
Psychologie und rationaler Physiologie oder auf den Übergang von<br />
transzendentaler Subsumtion, welche eine analytisch metaphyische<br />
Interpretation entlang des Leitfadens der Prädikatenlogik besitzt, zum<br />
transzendentalen Schematismus, welche eine synthetisch (teils<br />
transzendental a priori, teils synthetisch-metaphysisch a posteriori)<br />
metaphysische Interpretation entlang des Leitfadens der Aussagenlogik zu<br />
verweisen. Jedoch ist komplementär zu bedenken: Die auf die »reine<br />
Form« unserer sinnlichen Anschauung eingeschränkte Wahrnehmungs-<br />
Vorstellungs- und und Erscheinungsreihe, worauf Erfahrung<br />
ausschließlich beruht, schränkt nunmehr den Gebrauch des<br />
Verstandesbegriffes vom Gegenstand ein, während die möglichen<br />
Verwendungen von »Anschauung« dank des psychologischen<br />
Kunstgriffes in § 1 der transzendentalen Ästhetik, »reine Sinnlichkeit« der<br />
»reinen Anschauung« vorauszusetzen, durch den Hinweis auf die<br />
Sinnlichkeit der Anschauung allein (ohne Hinweis auf die Empfindung)<br />
nicht mehr auf empirische Anschauung einzuschränken sind. Darüber<br />
hinaus schreibt Kant in § 23noch: »Die reinen Verstandesbegriffe sind von<br />
dieser Einschränkung frei, und erstrecken sich auf Gegenstände der<br />
Anschauung überhaupt, sie mag der unsrigen ähnlich sein oder nicht,<br />
wenn sie nur sinnlich und nicht intellektuell ist. Diese weitere<br />
Ausdehnung der Begriffe über unsere sinnliche Anschauung hinaus, hilft<br />
uns aber zu nichts. Denn es sind alsdenn leere Begriffe von Objekten, von<br />
denen, ob sie nur einmal möglich sind oder nicht, wir durch jene gar nicht<br />
urteilen können [...].« 60<br />
Kant vermag sich also verschiedene »Sinnlichkeiten«, zunächst womöglich<br />
auch verschiedene Formen der Anschauung, vorzustellen, denen alle<br />
60 l. c.