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Westeuropäische Linke und "dritter Weg" - Berliner Institut für ...

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415<br />

Jörg-Michael Vogl<br />

Zur Parteientheorie<br />

Anmerkungen zu Michael Jägers Konzept'<br />

Michael Jäger gibt mit seinem Artikel dicht gedrängt viele Anregungen, die Diskussionen<br />

wert sind.<br />

1. Er zielt darauf ab, eine marxistische politische Wissenschaft zu initiieren, die den<br />

Ansatz der Staatsableitungsdebatte aufheben kann. Eine wichtige Voraussetzung, die er<br />

macht, ist die der »empirischen Identität von Basis <strong>und</strong> Überbau«. Zunächst stellt er fest,<br />

daß Marx <strong>und</strong> Engels keine politische Theorie entwickelt hätten, weil <strong>für</strong> sie das (ökonomische)<br />

Sein das Bewußtsein bestimmt hätte, genauer: jede tiefe Wirtschaftskrise zur Revolution<br />

hätte führen müssen. Deswegen muß nach Jäger der Begriff .Sein« korrigiert<br />

werden: nicht Fakten des Produktionsbereichs werden sinnlich wahrgenommen, .sondern<br />

stattdessen ein unentmischtes Gesamtphänomen, in dem die ökonomischen Fakten<br />

immer schon politisch vermittelt sind, in dem daher, in letzter Konsequenz gedacht,<br />

Ökonomie <strong>und</strong> Politik, Basis <strong>und</strong> Überbau empirisch dasselbe sind.« (51)<br />

Die marxistische politische Wissenschaft soll eine »Theorie der Abgrenzungenc enthalten:<br />

Schon von der Anlage her soll nicht nur der bürgerliche Staat erfaßt werden,<br />

sondern es sollen homogen auch Aussagen über den »sozialistischen Alternativstaat«<br />

(48) gemacht werden. Dazu soll die .bestimmt bürgerliche Gesetzmäßigkeit« abgehoben<br />

werden von der allgemeinen, die Staat überhaupt, also auch den sozialistischen<br />

Staat, determiniert (49). Dieses Vorgehen sieht M. Jäger in Analogie zum Marxschen<br />

Paradigma bei der Analyse der Wertform. Er versucht, die Analogie auch weiterzutreiben<br />

<strong>und</strong> führt einen Begriff ein, der das Gr<strong>und</strong>element der politischen Wissenschaft<br />

bilden soll. Dessen Entfaltung <strong>und</strong> Konkretisierung erzeugt die Aussagen der politischen<br />

Theorien (über Parlament, Verfassung, ... ). Dieser Gr<strong>und</strong>begriff ist der der »Partei«.<br />

Im Gegensatz zum üblichen Sprachgebrauch erweitert Jäger den Begriff allerdings<br />

zu einer Eigenschaft aller Individuen: jedes Individuum gehört einer Partei an, die Parteien<br />

im engen Sinn sind nur die .Organisationszentren der wirklichen Parteien« (55).<br />

Diese Organisationszentren repräsentieren - allerdings modifiziert - die Parteien im<br />

weiten Sinn (55)1<br />

2. Hier liegt m.E. ein erstes Problem: wenn das Gr<strong>und</strong>konzept erhalten bleiben soll,<br />

daß die Basis in letzter Instanz den Überbau determiniert, dann muß diese Beziehung<br />

schon in diesem Gr<strong>und</strong>begriff .Partei. angelegt sein. Sie darf nicht auf einer späteren<br />

Stufe der Entfaltung .hinzukommen«. Die einzige Stelle, wo Jäger seinen Parteibegriff<br />

indirekt in die Beziehung Basis-Überbau einordnet, ist die, wo er die Beziehung zwischen<br />

Partei <strong>und</strong> Klasse skizziert (56): Parteiindividuen sind danach Konkretionen von<br />

Klassenindividuen. Von daher wäre im Begriff .Partei« die Beziehung von Basis <strong>und</strong><br />

Überbau enthalten. Mir scheint jedoch, daß hier ein innerer Bruch in seiner Argumentationskette<br />

liegt: Die Bestimmung von Parteiindividuen als Konkretion von Klassenindividuen<br />

widerspricht der These von der empirischen Identität von Basis <strong>und</strong> Überbau.<br />

Die Gesellschaft kann danach sinnvollerweise nicht mehr nach ökonomisch-<br />

Jäger, M. 1979a: Von der Staatsableitung zur Theorie der Parteien - ein Terrainwechsel im<br />

Geiste Antonio Gramscis, in: Arbeitskreis <strong>Westeuropäische</strong> Arbeiterbewegung (Hrsg.): Eurokommunismus<br />

<strong>und</strong> marxistische Theorie der Politik, Argument-Sonderband AS 44, Berlin,<br />

S.45ff.<br />

DAS ARGUMENT 121/1980 ©

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