Westeuropäische Linke und "dritter Weg" - Berliner Institut für ...
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Soziologie 461<br />
gie des Theorienvergleichs«) .allein um Abklärungen, Verständigungen, gemeinsame<br />
Sicherung von Voraussetzungen <strong>für</strong> sozialwissenschaftliche Theoriebildung. (d 7). Die<br />
sonst übliche historische Darstellung <strong>und</strong> den Vergleich von Begriffen löst ein Nebeneinander<br />
von Hypothesensystemen ab, das im Gr<strong>und</strong>e dem Gedanken folgt, Erkenntnis<br />
sei durch die Teilnahme am Diskurs einer Disziplin gesichert.<br />
Auch im • Theorienvergleich. steht in sachlicher Hinsicht die Fragestellung nach dem<br />
handlungstheoretischen Gr<strong>und</strong>verständnis der Beziehung Individualität-soziale Struktur<br />
im Mittelpunkt; so sucht Opp unter Zugr<strong>und</strong>elegung einer verhaltens theoretischen<br />
These über die .subjektive Belohnungs- <strong>und</strong> Bestrafungswahrscheinlichkeit. die marxistische<br />
These über Kriminalität zu widerlegen, die sich von dem Ausschluß von Produktionsmitteln<br />
herleitet. - Dabei gelingt ihm der Nachweis einer Schwäche dieser Position,<br />
weil die Erklärung abweichenden Verhaltens mit dem Ausschluß von der Verfügung<br />
über Produktionsmittel zu stark ist, weil sie natürlich nicht begründet, warum die<br />
Mehrzahl Lohnabhängiger eben nicht delinquent wird. Zum gleichen Thema führt Haferkamp<br />
als .allgemeinste handlungstheoretische These. ein: .Soziales Handeln ist notwendig.<br />
Damit ist gemeint, soziales Handeln wird von Menschen durchgeführt, weil<br />
gehandelt werden muß, um Not zu wenden. (45). Mit der Annahme, die Überwindung<br />
von Hindernissen stelle das objektive Moment von Handlungen dar, greift er eine<br />
Argumentation auf, die Harald Wohlrapp hinsichtlich des .systematischen Beginns des<br />
Konzepts Handlungsforschung« entwickelt, der in der Vergegenwärtigung von Problemen<br />
als .Einschränkung der Handlungsmöglichkeiten. liege (c 141). Beide folgen implizit<br />
dem von Luhmann entwickelten Modell des Ablaufs sozialen Wandels.<br />
Haferkamps Beitrag steht in einem zentralen Punkt stellvertretend <strong>für</strong> den entscheidenden<br />
Mangel fast aller in der Diskussion vorgetragenen Positionen. Trotz der von interaktionistischer<br />
Seite intensivierten Bemühungen in der Biographieforschung werden<br />
sowohl individuelle Entwicklungsvorgänge wie auch generelle historische Prozesse ausgeklammert.<br />
Mit der Konzentration auf den Zusammenhang von Individuen <strong>und</strong> sozialen<br />
Strukturen geraten (K.H. Tjaden ausgenommen) allen Autoren dynamische Momente<br />
aus dem Blick; diese Eskamotierung von Geschichte <strong>und</strong> Dialektik führt notwendig<br />
in unlösbare Aporien, verfehlt sie doch den bei Dilthey noch klar gesehenen,<br />
notwendigen inneren Zusammenhang aller Probkmstrukturen.<br />
Die methodologische Seite des Theorienvergleichs zeichnet zu allererst die schon<br />
mehrfach erwähnte Herabsetzung des Anspruchsniveaus aus: Der wissenschaftliche Forschungsprozeß<br />
reduziert sich auf ein ohnedies selbstverständliches Verfahren, das jeder<br />
systematischen Darstellung prinzipiell vorausgeht; vermutlich werden ja im Theoriebildungsprozeß<br />
verschiedene konzeptionelle Elemente <strong>und</strong> empirische Erkenntnisse problembezogen<br />
auf einem Weg synthetisiert <strong>und</strong> aufgehoben, der analog zur Stegmüllersehen<br />
Unterscheidung von .Strukturkern« <strong>und</strong> .intendierter Anwendung. einer Theorie<br />
als Übernahme von sachlich akzeptablen <strong>und</strong> Löschung von aufgabenfremden Elementen<br />
beschreibbar wäre. Als Voraussetzungen dazu müßten angenommen werden,<br />
daß bei der Bearbeirung neuer Aufgaben schon vorhandene Theorien in der semantischen<br />
Ebene eines .wissenschaftlichen Alltagsverständnisses. aufeinander bezogen werden<br />
<strong>und</strong> ferner methodisch relativ unkontrollierbare, konstruktive Bildungsprozesse bei<br />
der Entstehung neuer Theorien wirken.<br />
Diese schlichten Voraussetzungen könnten jene Plattheiten ersparen helfen, welche<br />
explizit im dritten Teil von (d) zu Tage treten, implizit freilich das ganze Buch, mehr<br />
noch die gegenwärtige sozialwissenschaftliche Gr<strong>und</strong>lagendiskussion insgesamt betreffen.<br />
Die geforderte methodische Kontrolle des Theorienvergleichs bedarf zunächst des<br />
tertium comparationis; die bloße, maßstabslose Konfrontation, in der Opp .eine besonders<br />
wirksame Art der Kritik von Theorien. sieht (d 214), vermag eben auch nur<br />
nachzuweisen, daß unterschiedliche Sprachgebilde einander gegenüberstehen. Weiter<br />
DAS ARGUMENT 121/1980 ©