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Westeuropäische Linke und "dritter Weg" - Berliner Institut für ...

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332 Pietro Ingrao<br />

zum Vorwurf machen, Auf diese Weise wird die alte Trennung statisch <strong>und</strong> wird<br />

fruchtlos weitergeführt, Am letzten Parteitag stellte ich fest, daß wir auch aus den Erfahrungen<br />

der Sozialdemokratie viel gelernt haben, Ich meine, daß wir auf diese Art<br />

nicht schwächer, sondern stärker geworden sind, Wir müssen von der Existenz historischer<br />

Unterschiede zwischen den Parteien ausgehen, <strong>und</strong> zwar bezüglich der Inhalte,<br />

Traditionen <strong>und</strong> Methoden, <strong>und</strong> wir müssen uns die Idee aus dem Kopf schlagen, vorzugeben,<br />

diese Unterschiede bestünden nicht, <strong>und</strong> müssen daher versuchen, deren Ursachen<br />

<strong>und</strong> Wurzeln zu verstehen, ebenso wie die Unterschiede in der sozialen Basis.<br />

Wenn ich die Originalität <strong>und</strong> die Bedeutung dieser Tendenz unterstreiche, die von<br />

uns in der KPI Euro-Kommunismus genannt wird, wenn ich die Erneuerungselemente<br />

herausstreiche, die diese Tendenz im Vergleich zur gesamten kommunistischen Tradition<br />

beinhaltet, will ich doch nicht die Differenzen verheimlichen, die es zum Beispiel<br />

zwischen uns <strong>und</strong> den französischen Kommunisten gibt. Ich unterschätze diese nicht.<br />

Vor allem aber verberge ich sie nicht, da Erstarrung <strong>und</strong> Diplomatie sicher das sind, was<br />

<strong>für</strong> die <strong>Linke</strong> am gefährlichsten ist. Es ist im Gegenteil wichtig, die Unterschiede zu diskutieren,<br />

in einer freien Konfrontation der Erfahrungen, in gemeinsamer, solidarischer<br />

Arbeit, <strong>und</strong> nicht sofort in Streit auszubrechen, sobald kritische Momente <strong>und</strong> Dissenz<br />

unter uns auftauchen, Wir werden daraus lernen, daß Einheit nicht Gleichmacherei bedeutet,<br />

sondern auch Debatte <strong>und</strong> politische Spannung.<br />

Auch hier möchte ich ganz deutlich fragen: ist ein solcher Prozeß der Vereinheitlichung<br />

zu schwierig? Wir können aber nur so die historische Trennung der Arbeiterbewegung<br />

überwinden. Nur so können wir uns mit wirksamen Mitteln mit den neuen<br />

Kräften, die sich auf der internationalen Ebene heranbilden, auseinandersetzen.<br />

Zweifellos verlangt dies von uns auch ein neu es Verhältnis zwischen Partei <strong>und</strong> Theorie,<br />

sowie eine Weiterenrwicklung der Theorie selbst. Die soziale Veränderung selbst<br />

beginnt sich <strong>für</strong> uns in einer ganz anderen Weise als früher abzuzeichnen, Es ist nicht<br />

aus Vorsicht allein, daß wir heute viel häufiger das Wort .Veränderung« anstelle von<br />

.Revolution« verwenden, Dies ist darin begründet, daß sich uns die soziale Umwälzung<br />

immer mehr als eine ganze historische Phase darstellt, Heute ist es uns, der europäischen<br />

<strong>Linke</strong>n, klar - zwar mit Verspätung <strong>und</strong> um einen hohen Preis -, wie inadäquat<br />

<strong>und</strong> grob die Auffassung war, nach der der kapitalistische Staat, wie eine kompakte<br />

Maschinerie, der Klassenherrschaft gehorcht. Heute ist uns viel deutlicher geworden,<br />

daß der Fortschritt auf den Sozialismus hin nicht die Eroberung einer .Staatsfestung«<br />

bedeutet, die dann <strong>für</strong> ganz andere Ziele benützt werden kann, sondern die Fähigkeit,<br />

jetzt schon auf die komplexen <strong>und</strong> vielschichtigen Mechanismen einzuwirken, die das<br />

System schafft <strong>und</strong> ständig nährt, nämlich auf die Zersplitterung <strong>und</strong> die Subalternität<br />

der Massen. Daher fängt <strong>für</strong> uns die Veränderung des Staates schon jetzt an. Diese Veränderung<br />

hängt deshalb auch nicht von der Quantität der Wirtschaftsapparate unter<br />

Staatskontrolle ab, sondern von der Fähigkeit, sie funktionell <strong>für</strong> Emanzipationsziele,<br />

d,h, auf eine zunehmende <strong>und</strong> effektive Vergesellschaftung, einzusetzen, <strong>und</strong> von der<br />

Fähigkeit der Massen, auf ihre Ziele <strong>und</strong> Verwaltung einzuwirken. Hierin liegt der tiefe<br />

Gr<strong>und</strong> <strong>für</strong> die Suche nach einem dritten oder neuen Weg zum Sozialismus, pluraliter,<br />

wie der Genosse Berlinguer betont hat.<br />

Wir sagen nicht .<strong>dritter</strong> Weg«, um eine unmögliche <strong>und</strong> statische .Mitte« zwischen<br />

Ost <strong>und</strong> West zu finden, zwischen Ost-Ländern <strong>und</strong> sozialdemokratischen Regierungen,<br />

sondern um die Erneuerung zu unterstreichen, auf die wir abzielen, auf ihre Tragweite<br />

DAS ARGUMENT 12111980 ©

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