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Westeuropäische Linke und "dritter Weg" - Berliner Institut für ...

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Pietro Ingrao<br />

Probleme der Zusammenarbeit in der westeuropäischen <strong>Linke</strong>n *<br />

(... ) Wir wissen, daß diese Zusammenarbeit heute nicht existiert. Zu der historischen<br />

Spaltung, die sich zu Beginn dieses Jahrh<strong>und</strong>erts abzeichnete, sind in den letzten 15<br />

Jahren neue Brüche hinzugekommen. In verschiedenen Ländern haben sich minoritäre<br />

Gruppen polemisch von den traditionellen großen Organisationen der <strong>Linke</strong>n abgesetzt;<br />

sie hatten geradezu eine Neubegründung der politischen Vertretung der arbeitenden<br />

Klasse zum Ziel. In der Tat hat die Geschichte dieser Gruppen deutlich gezeigt,<br />

daß es unmöglich ist, einen Wiederaufschwung des Kampfes der <strong>Linke</strong>n zu erreichen,<br />

ohne sich - <strong>und</strong> sei es kritisch - mit den historischen Organisationen der Arbeiterbewegung<br />

auseinanderzusetzen, mit ihrem Erfahrungsschatz <strong>und</strong> ihren Normen - natürlich<br />

auch mit den Grenzen, Fehlern <strong>und</strong> Versäumnissen ihrer Praxis. Wenn es gestattet<br />

ist, eine Lehre aus der leidvollen Erfahrung zu ziehen, die die Arbeiterbewegung<br />

Westeuropas in den letzten zwei Jahrzehnten gemacht hat, würde ich sie so formulieren:<br />

es wurde die Ansicht überw<strong>und</strong>en, daß eine bestimmte Partei, Gruppe oder Abteilung<br />

der europäischen Arbeiterbewegung das Monopol auf die Wahrheit besitzt. Wir<br />

haben alle davon Kenntnis nehmen müssen, daß die Kraft, die schöpferische Fähigkeit<br />

zum Vorwärtsschreiten sehr wohl über die Fahne,:! einer einzelnen Arbeiterpartei hinausging:<br />

diese Kraft hat eine Vielzahl von Organisationen, Erfahrungen <strong>und</strong> Kulturen,<br />

die auf dem Sozialismus <strong>und</strong> der Emanzipation des Menschen beruhen, wohl aber verschiedenen<br />

Ursprungs sind <strong>und</strong> heute sogar manchmal aus Quellen kommen, die ziemlich<br />

weit von der traditionellen Arbeiterbewegung entfernt sind. Deshalb sind wir dazu<br />

gezwungen, wieder einen Dialog in die Wege zu leiten. Diese Norwendigkeit stellt sich<br />

erst recht angesichts der weltweiten Veränderungen: die schwindende Verfügbarkeit<br />

<strong>und</strong> die steigenden Kosten der Energiequellen, die tiefgreifenden Veränderungen in<br />

den Technologien, im Fortschrittsrhythmus, in den Konsumgewohnheiten <strong>und</strong> in vielen<br />

Denkweisen der Industriegesellschaft, in der wir leben.<br />

Diese Veränderungen sollen nicht nur im Hinblick auf das Leck beurteilt werden, das<br />

sie in die Bilanzen von vielen Ländern des Westens geschlagen haben; auf die sofortigen<br />

Rückwirkungen, die sie auf den Konsum <strong>und</strong> den ganzen Gang der Wirtschaft haben;<br />

auf neue Unbekannte, die den Regierungen monetäre Instrumente aufWeltebene geben;<br />

auf die Verschiebungen, die sie im bestehenden Gleichgewicht oder Ungleichgewicht<br />

zwischen den Staaten bewirken - zum Beispiel in den Beziehungen zwischen den Vereinigten<br />

Staaten <strong>und</strong> Europa. Sie sollen gesehen werden als Anzeiger eines neuen Niveaus<br />

der Bewußtheit, der Organisation, der Kampfesfähigkeit von Völkern, von ganzen<br />

Kontinenten, verb<strong>und</strong>en mit der Schaffung neuer Sozialstrukturen <strong>und</strong> Staaten in Gebieten<br />

des Planeten, die seit Jahrh<strong>und</strong>erten unterdrückt <strong>und</strong> ausgebeutet worden sind.<br />

Diese Veränderungen versetzen eine ganze Reihe von Interventionsinstrumenten des<br />

Staates in die Wirtschaft, Expansion <strong>und</strong> Handhabung der öffentlichen Ausgaben <strong>für</strong><br />

die Regulierung der Klassengegensätze in Krisen. Ich glaube nicht, daß diese Methoden<br />

<strong>und</strong> Instrumente, die unter dem Namen des Keynesianismus, Wohlfahrtsstaates<br />

Gekürzte Fassung des Referats auf dem 2. Otta Bauer Symposium, Wien, 23.-2511 1979.<br />

Ungekürzt demnächst in: D. Albers,). Cap, D. Motchane, P.lngrao (Hrsg.): Linkssozialisten<br />

<strong>und</strong> Marxismus heute. Ergebnisse der 2. internationalen Otto-Bauer-Tagung, Wien 1979.<br />

Frankfurt 1980. ,Aus dem Italienischen übersetzt von Brigitte Herdin <strong>und</strong> Lisl Kauet in Zusammenarbeit<br />

mit Giacomo Marramao.<br />

DAS ARGUMENT 121/1ljSO (C)

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