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Westeuropäische Linke und "dritter Weg" - Berliner Institut für ...

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Soziale Bewegung <strong>und</strong> Politik 471<br />

Kühnl, Reinhard: Fa s chi s mus t h e 0 r i e n. Texte zur Faschismusdiskussion 2. Ein<br />

Leitfaden. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 1979 (334 S., br., 6,80 DM).<br />

Solange in regierungsoffiziellen Darstellungen von .Hitlers krankem Hirn« geredet<br />

wird (Demokratie als Auftrag, Presse- <strong>und</strong> Informationsamt der B<strong>und</strong>esregierung, Mai<br />

1979, 72, vgl. 47ff.), solange werden die gesellschaftlichen Ursprünge von Faschisierung<br />

<strong>und</strong> Faschismus an der Macht verdrängt <strong>und</strong> muß Aufklärung über Faschismustheorien<br />

als ein Medium kritischer Darstellung des Gegenstandes geleistet werden. In<br />

diesem Sinn ist Kühnls popularisierende Darstellung wichtig. Allerdings wird diese politische<br />

Bedeutung dadurch gemindert, daß die .Gesamtinterpretation« (9) wissenschaftlich<br />

bereits zum Zeitpunkt ihres Erscheinens veraltet ist <strong>und</strong> somit keine zureichende<br />

Einsicht in den Gegenstand vermittelt, was wiederum den politischen Gebrauchswert<br />

entscheidend mindert.<br />

Kühnl will eine .Gesamtdarstellung der Faschismusdiskussion. (10) liefern, nachdem<br />

er mit seinen .Formen bürgerlicher Herrschaft. Liberalismus - Faschismus. 1971 schon<br />

eine .Einführung in die Sache selbst. (13) gegeben hat. Die neue Publikation versteht<br />

sich als .Leitfaden« durch »die Haupnypen der Faschismusinterpretation. (10).<br />

Kühnl gründet seine Arbeit auf eine konzeptionelle Einleitung, eine Betrachtung<br />

von .Wissenschaft als nützliche Tätigkeit <strong>und</strong> als Herrschaftswissen., eine Behandlung<br />

von .Wesen <strong>und</strong> Funktion von Geschichtswissenschaft. <strong>und</strong> auf eine Betrachtung zur<br />

wissenschaftlichen Analyse von Wissenschaft, ehe er dann die .Hauptvarianten. mit ihren<br />

hauptsächlichen Vertretern behandelt; zuletzt äußert sich Kühnl auch noch .Zur<br />

Aktualität des Faschismusproblems., wobei der Spannbogen von den .Randzonen der<br />

kapitalistischen Welt. bis zu den .entwickelten kapitalistischen Länder(n). reicht <strong>und</strong><br />

die Beziehung zwischen politisch-sozialen Verhältnissen <strong>und</strong> Stand, Entwicklung <strong>und</strong><br />

Ausprägung der Faschismustheorien in der BRD mit behandelt wird. - Fütwahr, ein<br />

umfassender Anspruch, der dadurch noch höher wird, daß Kühnl .gewisse gr<strong>und</strong>legende<br />

Tatbestände über Ursachen <strong>und</strong> Struktur des Faschismus« nicht notwendig als bekannt<br />

voraussetzt, weil der .Bezugspunkt der Kritik an den Theorien ... notwendigerweise<br />

<strong>und</strong> immer wieder der wirkliche Faschismus« (13) ist.<br />

Auch wenn Kühnl eine klare zusammenfassende Bewertung der Theorien nicht vorträgt,<br />

so wird erkenntlich, daß er denjenigen Theorien den höchsten .Erklärungswert«<br />

zuspricht, die im Zusammenhang mit Faschismus von Kapitalismus reden. Die Darstellung<br />

des .Faschismus als Bündnis. von traditionellen Eliten bzw. herrschender Klasse<br />

<strong>und</strong> faschistischer Parteioligarchie , .die Theorie von Faschismus als Diktatur des Monopolkapitals«<br />

(213ff.) werden als jene .Gesamtinterpretation der Ideologie, der Massenbewegung<br />

<strong>und</strong> des Herrschaftssystems« (12) bezeichnet, die - ergänzt durch sozialpsychologisehe<br />

Aussagen (110ff.) - der Kühnl'schen Gegenstandssicht entsprechen.<br />

Mit dieser Bewertung etweist sich Kühnls Buch als traditionalistisch; Subjekt von Faschismus<br />

<strong>und</strong> Faschisierung ist .die herrschende Klasse. (vgl. z.B. 40ff., 168ff., 252)<br />

<strong>und</strong> zentral ist die Erklärung des Faschismus als System. Diese Position gibt Kühnl eine<br />

Interpretationssicherheit, die allerdings wesentlich durch Nichtwahrnehmung divergierender<br />

Interpretationen zustande kommt. So kann Kühnl (121f.) beispielsweise mit<br />

Theweleits Erklärungsansatz gar nichts anfangen, Argumente der .psycho history. <strong>und</strong><br />

der Rekonstruktion faschistischer Lebensverläufe sind ihm unbekannt, Präsentationsformen<br />

der NSDAP werden nicht behandelt; selbst die Unterscheidung von .System«<br />

<strong>und</strong> .Bewegung« wird nicht gewürdigt. Die entsprechenden Arbeiten fallen <strong>für</strong> Kühnl<br />

wohl alle unter die Rubrik: nicht-einflußreich. Kühnl fällt damit hinter dem neueren<br />

Differenzierungsstand zurück (vgl. im Argument Karin Priesters Beitrag zu H. 117).<br />

Als zentrale Kritik ist - gegenüber aller Kritik im Detail (vgl., sehr peinlich, 330, wo<br />

zwei gleichlautende Autoren vetwechselt werden) - festzuhalten: Kühnl hängt an der<br />

überholten Politik - Ökonomie - Kontroverse <strong>und</strong> betreibt weiterhin jene ökonomi-<br />

DAS ARGUMENT 121! 1980

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