Westeuropäische Linke und "dritter Weg" - Berliner Institut für ...

Krisenverarbeltung im Alltag 421
dieser Bewegung gilt es,Lösungsformen herauszuarbeiten und zu verallgemeinern, die
die Handlungsfähigkeit der Massen stärken und die Kapitalherrschaft schwächen.
Wir laden die Mitarbeiter und Leser des Argument zu Untersuchungen der alltäglichen
Krisenverarbeitung ein. Als Anregung veröffentlichen wir im folgenden Thesen
und Fragen, die freilich nicht beanspruchen, vollständig und systematisch die kritischen
Lebensbereiche und -praxen zu erfassen. Es sollen Thesen und Fragen zum Weiterdenken
sein. Mancher Begriff, manche Fragestellung wird im Forschungsprozeß umgebaut
werden müssen. - Mögliche Bearbeitungsformen sind:
- Berichte über empirische Untersuchungen, Fallstudien,
- Literaturberichte.
- theoretische und methodologische Beiträge.
- Thesen. Forschungsskizzen. Werkstattberichte .
Lebenspläne
Die Zuspitzung der Widersprüche provoziert neue Wege und neue Fähigkeiten. sie
zu verarbeiten. Soweit ein entsprechender Schub bewußter Vergesellschaftung der Problemlösungen
blockiert wird. werden zuerst die kooperativen Lebensperspektiven
durchkreuzt: Isolation. Zugleich enrwickeln mehr - vor allem junge - Menschen die
Einsicht. daß man es allein nicht schafft. Größere Offenheit für gesellschaftliche Perspektiven.
Desillusionierung der .Autonomie des Individuums« und Rekonstruktion
der individuellen Handlungsfähigkeit in neuen Kollektiven (Nachbarschaftshilfen.
Wohngemeinschaften. Bürgerinitiativen usw.).
- Wie hängen das Zerbrechen .gesicherter« Lebenswege und Karrieren mit dem
Verlust an wirkender Regelungsmacht der Institutionen im Leben des Einzelnen zusammen'
Die positive Seite von Karriereverlust und Institutionenschwäche untersuchen:
Risikobereitschaft. weg von den ausgetretenen Lebensbahnen. experimentelle Haltungen
dem eigenen Leben gegenüber. Entbeamtung der Lebenspläne. - Das dabei freiwerdende
(neben oder auch mit Angst und Verlassenheit) .Tu's selbst. wird auch von
rechts mobilisiert in einem autonomistisch-antikollektivistischen Diskurs: die .Entmündigung«
des Bürgers durch seine .Verstaatlichung« soll einer neuen .Autonomie/Freiheit.
weichen. In Wirklichkeit: Superüberforderung des Bürgers durch nicht mirwachsende
gesellschaftliche Mittel der Verarbeitung von Widersprüchen.
- Die ohnmächtigen Lösungsversuche!Haltungen in der Isolation untersuchen:
Aufgaben von Perspektivität überhaupt, Apathie. Gleichgültigkeit. Leben von der
Hand in den Mund und von Tag zu Tag. Aktiver: ungerichtete, ohnmächtige Aktion!
Gewalt. Selbstmord. - Wie können davon Überlebens-Haltungen unterschieden werden.
die ein Zurechtkommen in den Verhältnissen stabilisieren. wobei einem vieles
Wurst ist? Wo sind die Punkte. an denen solche Lebensweisen in aktivere und kollektive,
übergehen können' Wie steckt in den vielerlei Lebensersatz ! Ersatzleben (von der
Disco bis zu Rauschgiften - wobei das kein Kontinuum ist) ein selbstbestimmtes Leben
eingeklemmt und verdreht? Wo beginnt es sich zu befreien? Die Kulturisierung
des Lebens nicht unter dem Aspekt des Rückzugs aus der Politik sehen, sondern auch
als das Vordringen zu ihr über die Bildung neuer Identitäten und Kollektive (soziale
Bewegungen beginnen häufig als neue kulturelle Formationen).
- Gesondert untersuchen: die Umwälzung der Lebensweise auf dem Lande. Alte Sicherheiten
und Selbstverständlichkeiten sind im Schwinden begriffen. traditionelle
Werte und Normen verlieren ihre Geltung. Die Individuen werden zur Selbstorientierung
gezwungen, d.h. das Muster bürgerlicher Autonomie wird nun auch dort maßgebend
- verspätet insofern, als die ökonomische Enrwicklung es gleichzeitig mehr und
mehr zur Farce macht. - An die Stelle des naiven Konservatismus tritt ein breites
Spektrum möglicher Neuorientierungen einschließlich der rechten (CSU. Neofaschi-
DAS ARGCMENT 12111980 @