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Westeuropäische Linke und "dritter Weg" - Berliner Institut für ...

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452 Besprechungen<br />

sche oder militärische Nutzung sind dementsprechend sek<strong>und</strong>är. Allein die fehlende<br />

Kaufkraft der Massen vereitelte die rasche Verwertung.<br />

Ecke Kant- <strong>und</strong> Hardenbergstraße in Berlin-West, wo 1939 eine Fernseh-Großbildstelle<br />

untergebracht war, lockt 40 Jahre später eine Peep-Show - zufällige Inkonzidenz<br />

oder eindeutiges Omen <strong>für</strong> die künftige Fernsehentwicklung, gleichsam <strong>für</strong> die »Endlösung«<br />

der vorprogrammierten kommerziell-ideologischen Deprivation des Mediums)<br />

Reiss spielt mit solch krassen Assoziationen, mit solch zusammengezwungenen Entwicklungslinien<br />

<strong>und</strong> Synopsen - nur: er postuliert <strong>und</strong> unterstellt sie, ohne sie eingehend<br />

zu begründen <strong>und</strong> zu erklären. Die Kontinuität der bürgerlich-kapitalistischen<br />

Kulturindustrie, deren verschiedenen Ausprägungen Reiss nachzugehen beabsichtigt<br />

- <strong>und</strong> ja nicht nur er, sondern die Kulturwissenschaft insgesamt - ergibt sich dann<br />

nicht mehr aus dem Gang der Untersuchung, vielmehr bleibt sie unbefragtes, konkret<br />

uneingelöstes (oder uneinlösbares) Apriori: »Wir senden Frohsinn« - aber was unterscheidet<br />

oder vereint diesen von / mit dem heutigen Fernsehspaß? Immer noch eine unbeanrwortete<br />

Frage der Fernsehgeschichtsschreibung: gleichwohl hat Reiss dazu unentbehrliche<br />

Vorarbeiten geleistet.<br />

Hans-Dieter Kübler (Bielefeld)<br />

DiIly, Heinrich: Kunstgeschichte als <strong>Institut</strong>ion. Studien zur Geschichte<br />

einer Disziplin. Suhrkamp Verlag, Frankfurt/M. 1979 (301 S., br., 30,- DM).<br />

Die drei Kapitel des Buches (1. Geschichte der Kunstgeschichtsschreibung <strong>und</strong> neuere<br />

Wissenschaftsforschung. - 2. Kunstgeschichte: Geschichte der Kunst - Kunst in<br />

der Geschichte. - 3. <strong>Institut</strong>ionalisierte Wissenschaft - kunstwissenschaftliche <strong>Institut</strong>ionen)<br />

sind als relativ selbständige Studien konzipiert. Überschneidungen <strong>und</strong> Wiederholungen<br />

unter modifizierten Gesichtspunkten sind dabei nicht vermieden worden,<br />

wodurch die Lektüre, d.h. die Erkenntnis einer stringenten Argumentationsfolge, erschwert<br />

wird.<br />

Im zweiten Kapitel untersucht Dilly die Entfaltung kunsthistorischer Theorie von<br />

Winckelmann <strong>und</strong> Hegel bis zu Rumohr <strong>und</strong> Kugler, die er als eine Entwicklung von<br />

der Verzeitlichung der Künste zu deren Enthistorisierung (letztere setzt Dilly bereits im<br />

frühen 19. Jahrh<strong>und</strong>ert an) begreift. Diese Theoriebildung parallelisiert er mit dem<br />

gleichzeitigen Wandel in der »präsentativen kunsthistorischen Praxis«. Er untersucht<br />

Ansätze der Kunstgeschichte, die in den Ordnungs- <strong>und</strong> Präsentationssystemen erkennbar<br />

werden, denen Kunstwerke unterworfen werden: alte Klebebände mit Stichen,<br />

erste Kupferstich- <strong>und</strong> Zeichnungssammlungen noch vor 1800; Foto- <strong>und</strong> Diasammlungen<br />

zu Ende des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts. Diese Sammlungen waren Impuls <strong>und</strong> Ergebnis<br />

kunsthistorischer Interessen <strong>und</strong> Forschungen, die sich nach Dilly zunehmend<br />

von dem »realen Gegenstand«, dem in Gebrauchszusammenhängen eingeb<strong>und</strong>enen<br />

Kunstwerk, zu dem mit diesem nicht identischen wissenschaftlichen Gegenstand der<br />

Kunstgeschichte, einem Abstraktum zuwenden, nämlich dem aus historischen Zusammenhängen<br />

isolierten Kunstwerk.<br />

In der dritten Studie untersucht Dilly die <strong>Institut</strong>ionalisierung der Disziplin Kunstgeschichte.<br />

Er begreift diese - angeregt durch das Kuhnsche Modell der Abfolge verschiedener<br />

»scientific communities« - als Organisation konkurrierender kunsthistorischer<br />

Gemeinschaften. Die erste konstituierte sich 1873 mit dem 1. internationalen<br />

Kongreß in Wien. Methoden der Konservierung, Katalogisierung <strong>und</strong> technischen Erfassung<br />

von Kunsrwerken in staatlichem oder privatem Besitz sowie Kriterien der Kennerschaft<br />

wurden hier erstmalig vereinbart. Der Abschnitt .Gemeinschaft der akademischen<br />

Künstler <strong>und</strong> Gelehrter. geht auf den historischen Zusammenhang zwischen bildender<br />

Kunst <strong>und</strong> Kunstgeschichte ein, es belegt die ursprüngliche Personalunion zwischen<br />

Künstlern <strong>und</strong> Kunsthistorikern an den Universitäten <strong>und</strong> die allmähliche Verdrängung<br />

der Künstler aus dem universitären Bereich im Zuge der Verwissenschaftli-

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