Westeuropäische Linke und "dritter Weg" - Berliner Institut für ...
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418 }ärg-Michael Vagl<br />
die kommunistischen) mit der ökonomischen Aufschwungsphase nach dem 2. Weltkrieg<br />
einem Abflauen des Drucks der .sozialen Bewegung. gegenüber. Dieses .Abflauen<br />
des Klassenkampfs« erzeugt in den Parteien einen Entscheidungsprozeß über neue<br />
erfolgversprechende Strategien. Dieser Entscheidungsprozeß läuft natürlich unter ganz<br />
bestimmten Voraussetzungen ab, z.B. aufgr<strong>und</strong> bestimmter theoretischer <strong>und</strong> strategischer<br />
Prämissen (primäre Orientierung an Wahlen ... ). Ein Teil dieser Prämissen ist .typisch<br />
sozialdemokratisch., ein anderer Teil ist spezifisch national. Trotzdem scheint mir<br />
die Gr<strong>und</strong>tendenz der Strategien, die sich schließlich durchsetzen, gleich zu sein:<br />
Transformation der .Klassenparteien« in .Volksparteien•. Das Ende der ökonomischen<br />
Aufschwungsphase hat unmittelbare Auswirkungen in einer Zunahme der betrieblichen<br />
<strong>und</strong> gewerkschaftlichen Kämpfe. Jetzt wirkt sich das Angebot an Wirklichkeitserklärungen<br />
aus, das vorliegt. In der B<strong>und</strong>esrepublik ist z.B. die kommunistische Partei<br />
verboten, die gesamte <strong>Linke</strong> (auch die in der SPD) hat lange im Dunstkreis des Illegalen<br />
gestanden. Die Suche nach einer angemessenen Strategie in der <strong>Linke</strong>n fängt also<br />
aus Gründen, die in der politischen Struktur liegen - im Gegensatz zu anderen Ländern<br />
- praktisch bei Null an.<br />
Nicht nur .von oben nach unten. zeigen sich unterschiedliche Ausprägungen, sondern<br />
auch »von unten nach oben. in der Art der Verflechtung zwischen .sozialer Bewegung«<br />
<strong>und</strong> sozialdemokratischen / sozialistischen Parteien. Die Mitgliedschaft der Gewerkschaften<br />
in der englischen Labour-Party setzt sozialen Druck, wenn er sich erstmal<br />
in den Gewerkschaften durchgesetzt hat, unmittelbar in die Partei um. Im allgemeinen<br />
läuft dieser Übersetzungsprozeß indirekter ab. Die soziale Basis der Parteien (Wählerstruktur<br />
, aber auch Mitgliederstruktur) setzt die Parteiführungen unter viel diffuseren<br />
Druck, der nicht schon als .politischer Wille. formuliert ist, sondern sich als Wahlenthaltung<br />
von Stammwählern, innerparteilicher Protest zeigt.<br />
Vielleicht ist es darüberhinaus möglich, die soziale Verflechtung der verschiedenen<br />
innerparteilichen Gruppen zu erfassen, <strong>und</strong> zwar auf einem Konkretions-Niveau, bei<br />
dem auch die verschiedenen Lohnabhängigenschichten berücksichtigt werden. So zeigt<br />
sich z.B. in der SPD, in deren Mitgliedschaft Arbeiter zunehmend zugunsten anderer<br />
Lohnabhängigengruppen verdrängt werden, daß zur Zeit bei ökologischen Themen der<br />
stärkste Druck auf die Parteiführung ausgeübt wird. Und die ökologische Bewegung<br />
hat ja wohl ein ähnliches, .gehobenes. soziales profil.<br />
An der Betrachtung dieses Ausschnitts wird vielleicht - bei aller Vorläufigkeit -<br />
klar, daß eine Trennung von ökonomisch-sozialer Bewegung <strong>und</strong> politischem System<br />
sinnvoll ist, weil sich gerade aus der Vermittlung zwischen den beiden Elementen gute<br />
Erklärungsansätze <strong>für</strong> die Entwicklung der sozialdemokratischen / sozialistischen Parteien<br />
ergeben. Es scheint mir außerdem möglich zu sein, ein allgemeingültiges Gr<strong>und</strong>rnuster<br />
dieser Entwicklung herauszuschälen, das in diesen Kategorien formuliert ist.<br />
5. Überlegungen, wie sie bei Jäger oder hier gemacht werden, können zunächst nur<br />
Anregungen sein. Probleme, die sich aus meiner Sicht weiter stellen, sind zum Beispiel:<br />
- Es muß herausgearbeitet werden, wie sich im .politischen Wiliensbildungsprozeß«<br />
als Ergebnis bürgerliche, d.h. Klassenherrschaft erhaltende Politik durchsetzt.<br />
- Macht eine Betrachtungsweise, die auf die willentliche Durchsetzung politischer<br />
Strukturen abzielt, nicht den Begriff .Staat« im Sinn eines abgetrennten Gegenübers<br />
der .Gesellschaft« überflüssig? Gramscis Konzept des .integralen Staats< zeigt, meine<br />
ich, in diese Richtung.<br />
DAS ARGUMENT 121/1Y"O