Westeuropäische Linke und "dritter Weg" - Berliner Institut für ...
Westeuropäische Linke und "dritter Weg" - Berliner Institut für ...
Westeuropäische Linke und "dritter Weg" - Berliner Institut für ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Philosophie 435<br />
sellschaftlichen (<strong>und</strong> natürlichen) Prozesse« zu gewinnen (216f., 243). Besonders kritisieren<br />
die Autoren die von Stalin nicht zur Geltung gebrachte »Einheit des dialektischen<br />
<strong>und</strong> hisrorischen Materialismus«. Andererseits läßt sich aus einigen Abschnitten,<br />
die sich mit der Überwindung des Dogmatismus im Zusammenhang mit dem Verhältnis<br />
von dialektischem <strong>und</strong> historischem Materialismus beschäftigen, nur schwer entnehmen,<br />
worin z.B. der R.O. Gropp zugeschriebene theoretische Fortschritt gegenüber der<br />
Stalinschen Position bestehen soll. Der von Gropp verfaßte kurze Abriß »Der dialektische<br />
Materialismus« dürfte wohl kaum - eingestandenermaßen - ein »richtiges Verständnis<br />
von der Einheit des dialektischen <strong>und</strong> historischen Materialismus sowie vom<br />
materialistisch monistischen Charakter der marxistisch-leninistischen Philosophie« vermitteln,<br />
wenn seine Schrift allein »auf den dialektischen Materialismus begrenzt« ist;<br />
zumal sie auch nicht der »Forderung nach einer eng mit der Praxis des sozialistischen<br />
Aufbaus <strong>und</strong> der Entwicklung der Wissenschaften verb<strong>und</strong>enen Darstellung der marxistisch-leninistischen<br />
Philosophie gerecht« wird (203f.). In der Loslösung von der wissenschaftlichen<br />
Geschichtsauffassung müßte der dialektische Materialismus wiederum als<br />
ein systematisch aufbereitetes Konglomerat von historisch unvermittelten Formeln erscheinen.<br />
In anderer Hinsicht jedoch wird die hohe Meinung der Autoren über den<br />
Groppschen Abriß relativiert. Im Zusammenhang mit der Einschätzung der philosophiehistorischen<br />
Forschung zur Genese der marxistischen Philosophie zeigen sie, daß<br />
sie eben nicht als ein apart-abstraktes, das Weltganze abdeckendes Aussagensystem<br />
entstanden ist, sondern als wissenschaftliche Erklärung der Tätigkeits- <strong>und</strong> Aneignungsformen<br />
der Menschen in ihrer sozial-historischen Entwicklung: als historischer<br />
Materialismus (355ff.).<br />
Horst-Dieter Strüning (St. Augustin/Bonn)<br />
Kimmerle, Heinz: Philosophie der Geisteswissenschaften als Kritik<br />
ihrer Methoden. Martinus Nijhoff, Den Haag 1978 (212 5., Ln., 87,- hfl.).<br />
Daß die Philosophie der Geisteswissenschaften zunehmend Gegenstand der Reflexion<br />
unterschiedlichster theoretischer Provenienz wird, setzt Kimmerle der Öffnung<br />
'neuer Dimensionen' (IX) gleich; diesem Pluralismus divergenter Ansprüche verschließt<br />
er sich gr<strong>und</strong>sätzlich nicht, da er sie vielmehr, in »integrative(r) Bemühung«<br />
(IX), zusammendenken will. Zuvor freilich muß F<strong>und</strong>amentaleres geklärt werden;<br />
Kimmerle stellt unter dem Stichwort 'Paradigmenwechsel' (29) den Versuch an, die<br />
Notwendigkeit der »Preisgabe des Paradigmas der Naturwissenschaften <strong>für</strong> die Wissenschaft<br />
überhaupt« (11) zu begründen. Nun ist ein solcher Versuch nichts Neues, <strong>und</strong> so<br />
kann der Autor denn auch unter ausdrücklicher Berufung auf Habermas (18) den seinen<br />
skizzieren: Je <strong>und</strong> je verschieden eignet danach sowohl den Natur- als auch den<br />
Geistes- <strong>und</strong> Sozialwissenschaften ein 'humanwissenschaftlicher' Aspekt; zielen jene<br />
auf die »Naturbedingungen« (13) der menschlichen Arbeit, so gelten die Aktivitäten<br />
dieser, reichlich abstrakt formuliert, der »Lebenswirklichkeit der Menschen« (13), die<br />
sich nicht in Bewußtseinsinhalten erschöpfe. Auf solcher Basis arbeitet Kimmerle den I.<br />
Teil aus, der sich den »Gr<strong>und</strong>lagen der geisteswissenschaftlichen Methoden« widmet.<br />
Hier werden einmal Fragen des Verhältnisses von Geistes- zu Gesellschaftswissenschaften<br />
behandelt; sodann - erneut mit Habermas - Fragen der Interessensgr<strong>und</strong>lage der<br />
Geisteswissenschaften; schließlich steht das Verhältnis von strukturalem zu traditionellem<br />
Geschichtsbegriff zur Rede. Was den ersten Punkt anlangt, so konstatiert Kimmerle<br />
eine »relative Autonomie« der Geisteswissenschaften bei gleichzeitiger »letztlich bestehende(r)<br />
Abhängigkeit« (57) vom »Basisbereich der Gesellschaftswissenschaften«<br />
(24). Die Interessensgeb<strong>und</strong>enheit der Geisteswissenschaften gilt Kimmerle als nicht<br />
transzendierbar, als transzendental mithin: die Funktion dieser Wissenschaften sei affirmativ<br />
bei politischem »Desinteresse« (32), bei bewußtem Einsatz hingegen haben sie<br />
DAS ARGUMENT 12111980 ©