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Westeuropäische Linke und "dritter Weg" - Berliner Institut für ...

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460 Besprechungen<br />

men rational zu rechtfertigen. Der dazu unterstellte, an den .Praktischen Syllogismus«<br />

angelehnte Handlungsbegriff teilt mit jenem das Merkmal der Rekursivität:<br />

.Handeln«, so definiert Oswald Schwemmer, .soll ein Tun genau dann genannt werden,<br />

wenn es argumentationszugänglich ist. Daß ein Tun argumentationszugänglich<br />

ist, soll heißen, daß es durch Reden, die als Argumentationen darstellbar sind, verhindert<br />

oder herbeigeführt werden kann. Den Beweis <strong>für</strong> die Behauptung, daß ein bestimmtes<br />

Tun argumentationszugänglich ist, liefert man dadurch, daß man eben die<br />

Argumentation angibt, mit denen sich dieses Tun begründen läßt« (c 29). Gegen dieses<br />

formal zuschreibende Verfahren, bei dem methodisch entwickelte Argumentationen<br />

auf eine Tätigkeit bezogen werden, lassen sich wenigstens drei Einwände erheben: Erstens<br />

kann nachträglich zu jeder Aktivität eine Begründung angeführt werden, zumal<br />

dann, wenn - wie bei den Konsttuktivisten - zum einzigen Kriterium die Forderung<br />

nach .zunehmender Rationalität«, nicht jedoch die nach Berücksichtigung von handlungsdefinierenden<br />

Randbedingungen erhoben wird. <strong>Institut</strong>ionelle Voraussetzungen,<br />

die eine Tätigkeit u. U. zwanghaft zustandekommen lassen, bleiben so unberücksichtigt<br />

oder werden schlicht wegargumentiert (vgl. zu dieser Kritik c 287). Dieser Einwand der<br />

Beliebigkeit von möglichen Begründungen <strong>und</strong> somit der post festum aufgestellten<br />

Ziel-Tätigkeitsbeziehungen gegenüber der Realität des Tuns muß übrigens gegen den<br />

Praktischen Syllogismus in allen seinen Variationen geltend gemacht werden. Zweitens<br />

scheinen die von Schwemm er als Konstitutionselemente des Handlungsbegriffs betrachteten<br />

Begründungen infinit möglich; sie lassen sich demnach auf letzte Zwecke<br />

oder ontologische Voraussetzungen zurückführen. Damit nimmt aber das konstruktivistische<br />

Ethikprogramm nur eine Verschiebung der traditionellen Handlungstheorieprobleme<br />

vor, ohne sie selbst zu lösen. Die Struktur von Handlungen bleibt daher - drittens<br />

- weiterhin ungeklärt, da die .Beweislast. methodischer Handlungsreflexion nur<br />

auf der methodischen Herstellung eines Zusammenhangs von Zielen <strong>und</strong> Normen<br />

tuht. Wenngleich die Konstruktivisten .Normensysteme <strong>für</strong> die ganze Gesellschaft kritisch<br />

(beurteilen) <strong>und</strong> neue Normen zur Veränderung. rechtfertigen wollen (c 275),<br />

bleiben sie doch die Antwort auf die klassische Frage schuldig, wie ihre Theorie praktisch<br />

werden könnte. Weil sie von einem realitätsgerechten Begriff der Praxis weit entfernt<br />

sind, gehen sie, wie J. Nanninga zurecht bemängelt, von der Fiktion der .herr·<br />

schaftsfreien Beratung. von Normen aus (vgl. c 280), welche nur dem möglich ist, der<br />

von den, gesellschaftliches Handeln konkret beeinflussenden (<strong>und</strong> durch eine konkrete<br />

Handlungstheorie in ihrer tatsächlichen Wirksamkeit aufzuklärenden), Machtverhältnissen<br />

abstrahiert. Ein Versuch zur Aufhebung des konstruktivistischen Defizits bei der<br />

Beschreibung <strong>und</strong> Analyse von Handlungen deutet sich in (c) insofern an, als sich alle<br />

thematisch wesentlichen Beiträge der Hermeneutik zuwenden. Allerdings bleibt ungeklärt,<br />

ob sich die in ihrer philosophischen Ausprägung eher individualistisch-rückblikkend<br />

verfahrende Hermeneutik überhaupt mit dem generalistisch-produktiven Programm<br />

der konstruktiven Ethik vereinbaren läßt. Sinnigerweise wurde (c) übrigens mit<br />

den zwei Abteilungen .Pragmatische Hermeneutik <strong>und</strong> praktisches Wissen« <strong>und</strong> .Ökonomie<br />

<strong>und</strong> praktisches Wissen« in einer Weise unterteilt, daß die Beiträge der letzteren<br />

sich den Anschein geben können, als wäre das in der ersteren noch recht vage handlungstheoretische<br />

Kategoriengerüst längst verankert <strong>und</strong> <strong>für</strong> die Anwendung verfügbar.<br />

Unverkennbar bleibt freilich in jedem Falle das Bemühen der Konstruktivisten, den<br />

Erkenntnisprozeß voranzutreiben. In dem von Hondrich <strong>und</strong> Matthes als Nachtrag<br />

zum 18. Deutschen Soziologentag herausgegebenen Sammelband (d), der <strong>für</strong> die deut·<br />

sche Soziologie repräsentative Beiträge vorstellen will, scheint dagegen dieser Anspruch<br />

endgültig zurückgenommen: es geht in den drei Abteilungen des .Theorienvergleichs.<br />

(.Problembezogener Theorienvergleich., .Paradigmata im Vergleich., .Zur MethodolonA,"<br />

Allr..TIMFNT 12111980 es

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