Westeuropäische Linke und "dritter Weg" - Berliner Institut für ...
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Der »linke. Flügel der NSDAP 393<br />
den, ob eine von der SPD initiierte Arbeitsbeschaffungspolitik den Faschismus zu diesem<br />
Zeitpunkt noch hätte stoppen, vor allen Dingen an der .Machtergreifung« hätte<br />
hindern können (so Schneider 163f.); gr<strong>und</strong>sätzlich wäre sie eine ideologisch nicht klassengeb<strong>und</strong>ene,<br />
glaubwürdige antifaschistische Taktik gewesen. Das hier über sozialdemokratische<br />
Politik Ausgeführte gilt in höherem Maße <strong>für</strong> kommunistische, trotz kaum<br />
als geschickt zu bezeichnenden Appells an nationalistische Ressentiments (vgl. Winkler<br />
1972, 127).<br />
Wenn Wissenschaft auch nicht in direkter Beziehung zum Zustandebringen einer<br />
breiten antifaschistischen Basis steht, soll ihre Aufgabe doch das Erkennen <strong>und</strong> dadurch<br />
die Verhinderung von Faschismus sein. Reinhard Opitz' Kritik .bürgerlicher« Faschismusinterpretationen<br />
(Kritik an Opitz' Faschismustheorie: K. Priester) krankte an<br />
derselben ideologischen Fixiertheit: nicht nur, daß mit geradezu imponierender Konsequenz<br />
eine objektive Entlastungsfunktion der modernisierungs- <strong>und</strong> totalitarismustheoretischen<br />
Ansätze .aufgedeckt« wurde (545-554), Opitz unterstellte diesem Tun<br />
auch noch subjektives Wollen in Zusammenhang mit der seinerzeit neuen Ostpolitik<br />
(549) wie mit innenpolitischen faschistischen Tendenzen (553). Bürgerliche (<strong>und</strong> trotzdem<br />
nicht profaschistische) Faschismusinterpreten von konservativ bis linksliberal oder<br />
sozialdemokratisch zu Faschistoiden machen zu wollen, ist kein Beitrag zur Verhinderung<br />
von Faschismus. - Insofern sind der Beitrag von Karin Priester <strong>und</strong> die Übersetzung<br />
des Textes von Ernesto Laclau ein erheblicher Fortschritt, wenn nicht geradezu ein<br />
Durchbruch in der Faschismus-Diskussion des Argument.<br />
Anmerkungen<br />
Ich hoffe, mit meiner geplanten Dissertation, einer Studie über Verbleib <strong>und</strong> Wirkung der<br />
nationalsozialistischen Massenbewegung , auf einige Fragen auch Antworten geben zu können<br />
Winkler, der bis dahin offenbar nur den .alten« Mittelstand im Blick <strong>und</strong> zudem meines Wissens<br />
keinen Versuch unternommen hatte, das aus analytischen Gründen Getrennte wieder zusammenzufügen,<br />
bestritt seit 1972 permanent Lipsets These vom Faschismus / Extremismus<br />
der Mitte (Winkler 1972, 180 u.ö.). Hier würdigt er zum ersten Mal kurz auch den anderen<br />
Teil. Es ist wohl der Faschismusanalyse wenig dienlich, die durchsetzungsfähigeren Gruppierungen<br />
der NSDAP schlicht absolut zu setzen: die Vorgänge bei der .Machtergreifung« der<br />
Hitlerbewegung sollten vielleicht auch an Begriffen wie Entfernung der Parteiführung von der<br />
Basis (Oligarchisierung) überprüft werden.<br />
Will man Naziideologie nicht einfach <strong>und</strong> nur als Demagogie abtun, ist .Selbstzweck« hier<br />
wahrscheinlich nicht der richtige Ausdruck: Zweck war schließlich .Ges<strong>und</strong>ung des Volkskörpers«<br />
etc.: da dieser nicht zu erreichen war, wurde politische Macht evtl. <strong>für</strong> die Machtträger<br />
selbst zum Selbstzweck.<br />
Literaturverzeichnis<br />
Bähnke, Wtfjned: Die NSDAP im Ruhrgebiet 1920-1933 (Schriftenreihe des Forschungsinstiruts<br />
der Friedrich-Ebert-Stiftung, Bd. 106), Bonn-Bad Godesberg 1974.<br />
Broszat, Martin: Soziale Motivation <strong>und</strong> Führer-Bindung des Nationalsozialismus, in: Viertel<br />
Jahrshefte <strong>für</strong> Zeitgeschichte 18, 1970, S. 392-401.<br />
Falter, jiirgen W.: Wer verhalf der NSDAP zum Sieg? Neue Forschungsergebnisse zum parteipolitisehen<br />
<strong>und</strong> sozialen Hintergr<strong>und</strong> der NSDAP-Wähler 1924-1933, in: Aus Politik <strong>und</strong> Zeitgeschicbte<br />
B 28-29, 1979, S. 3-21.<br />
Fe/tee, Renzo De: Der Faschismus. Ein Interview von Michael A. Ledeen. Mit einem Nachwort<br />
von Jens Petersen, Stuttgart 1977 (ital. 1975).<br />
DAS ARGUMENT 12111980 ©