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Westeuropäische Linke und "dritter Weg" - Berliner Institut für ...

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Der .Iinke« Flügel der NSDAP 391<br />

weltanschaulichen Basis entstandenen Marxismus« aus (Straßer 388). Dergestalt Entartetem<br />

<strong>und</strong> Naturwidrigem stellte er den .nach innen wirkenden Sozialismus« samt .nach<br />

außen wirkendem Nationalismus«, ganz natürlich .aus der gleichen Quelle« stammend,<br />

entgegen (381): den Nationalsozialismus. Der will, was das Volk will: .Ordnung, Arbeit<br />

<strong>und</strong> Brot. (387). Detailliertere Zielsetzungen hatten - immer die Situation berücksichtigend<br />

- nicht weniger verheißungsvollen Charakter: .innere Aussöhnung des<br />

Volkes, die Einigung der guten Kräfte der Arbeiter des Kopfes <strong>und</strong> der Faust«, .Schutz<br />

jeder ehrlichen Arbeit <strong>und</strong> ihres Ertrages«, .keineJudenverfolgung«, wenn Juden auch<br />

offensichtlich unerwünscht waren, <strong>und</strong> .keinen neuen Krieg«, obgleich die Nationalsozialisten<br />

einen solchen aber auch wieder nicht scheuten, sollte er .das letzte Mittel sein<br />

(... ), um die deutsche politische <strong>und</strong> soziale Freiheit zu verteidigen« (384).<br />

Möglicherweise sind ideologische Differenzen ein besonderes Merkmal .linker« Nationalsozialisten.<br />

Eine gewisse .weltanschauliche Weite« war zudem geradezu Voraussetzung<br />

<strong>für</strong> die Gewinnung breiter Wählerschichten <strong>für</strong> die Partei (Schildt 58,. Gregor<br />

Straßer äußerte anläßlich des Austritts seines Bruders Otto aus der Partei (in einern Brief<br />

an den Zahnarzt Erckrnann vorn 7.8.1930, abgedruckt bei Kissenkoetter 196-199):<br />

.Sozialismus, d.h. der granitene Wille, das heutige kapitalistische System, das gleich ungerecht<br />

gegen den Einzelnen wie gegen die Lebensinteressen des deutschen Volkes sich auswirkt, zu<br />

zerschlagen ('), dieser Sozialismus wird nicht gefördert durch die Proklamierung überspitzter<br />

theoretischer Formulierungen, sondern er wird eines Tages dadurch verwirklicht, daß ein natio·<br />

nalsozialistischer Arbeitsminister das notwendige Gesetz veröffentlicht <strong>und</strong> hinter ihm die Po·<br />

lizeigewalt eines gleichgesinnten oder abhängigen Innenmi,üsters steht. Vom Verrat des Sozia·<br />

lismus zu sprechen hätten die Leute um meinen Bruder nur dann das Recht, wenn sie die Ge·<br />

wißheit hätten, daß Hitler <strong>und</strong> seine Mitarbeiter im Besitz der Macht ihr ursprüngliches, die<br />

Gründung seinerzeit bewirkendes Wollen als Inhaber der Staatsgewalt verraten würden .•<br />

Die Gewißheit scheint er weder 1930 noch später gehabt zu haben, Straßers Einstellung<br />

war vielmehr die einer Vorrangigkeit der .Idee« des Nationalsozialismus, die nach<br />

seiner Anschauung Hitler .'am tatkräftigsten <strong>und</strong> mit der größten Aussicht auf Erfolg'.<br />

vorwärtstrieb (nach Schildt 29). Im Zitat kommt zudem deutlich der <strong>für</strong> nationalsozialistisches<br />

Denken typische Primat der Staatsgewalt im Sinne eines vorrangigen Ziels<br />

zum Ausdruck; diese, neben gr<strong>und</strong>sätzlicher ideologischer Übereinstimmung, mag der<br />

Gr<strong>und</strong> da<strong>für</strong> sein, daß die Verbreitung des NS-.Sozialismus« als gering angesehen worden<br />

ist. Es sollte stärker berücksichtigt werden, daß dieser .Sozialismus der Tat« in weit<br />

weniger ausgearbeiteter Form, als diffuses Ressentiment in der NSDAP weit verbreitet<br />

war, beispielsweise in der SA. Gab es also Druck von der Basis her, <strong>und</strong> wenn ja, welche<br />

Wirkung hatte er?<br />

Was die Wählerschaft anbelangt, muß die entsprechende Frage lauten: was am Nationalsozialismus<br />

war attraktiver, eine .zumindest in Ansätzen rationale Analyse der<br />

politischen <strong>und</strong> wirtschaftlichen Verhältnisse« oder Hitler, der mit seinen .irrationalen<br />

Schlagworten« die Krise überdeckte <strong>und</strong> eine bessere Zukunft verhieß? (vgl. Horn 264)<br />

Das Dilemma des .Iinken. Flügels bestand demnach aus zwei Problemkreisen: 1. mußten<br />

die antikapitalistischen Programmpunkte den selbst Produktionsmittel besitzenden<br />

.alten« Mittelstand verschrecken, während man nicht in der Lage war, erhebliche Teile<br />

der Arbeiterschaft zu gewinnen. Es genügte dazu unter Umständen schon allein das<br />

Wort .Sozialismus«, denn der NS-.Sozialismus« war ein solcher der Distributionssphäre,<br />

der Privateigentum kaum antastete, erst recht nicht das kleine (KühnI1966b, 328). 2.<br />

bildete der .Iinke« Flügel ein erhebliches Hindernis auf dem Weg an die Macht, da sich<br />

DAS ARGUMENT 121/1980 ©

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