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Westeuropäische Linke und "dritter Weg" - Berliner Institut für ...

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389<br />

Thomas Brackel<br />

Antikapitalismus <strong>und</strong> Antimarxismus<br />

Der »linke« Flügel der NSDAP auf dem Weg in das faschistische Herrschaftssystem<br />

Der folgende Beitrag entwickelt einige Thesen zur nationalsozialistischen Ideologie<br />

anhand der Programmatik des »linken« Flügels der NSDAP, <strong>und</strong> damit ebenso zur<br />

Massenwirksamkeit dieser Ideologie wie zur Unfähigkeit der Parteien der Arbeiterklasse<br />

als politische Vertreter des relativ faschismusresistenten Teils der Bevölkerung, .sich allen<br />

beherrschten Klassen als hegemoniale populäre Alternative darzustellen. (Laclau ,<br />

675). Er behandelt dabei den Faschismus in seiner Bewegungsphase, so daß - wenn<br />

nicht ohnehin mehr Fragen aufgeworfen denn beantwortet werden - das auch von Kan'n<br />

Priester in ihrem Beitrag angesprochene Problem der Ambivalenz des Faschismus als<br />

System (661f.), dasjenige der Konstante Bewegung im System (Felice, 32-51; ähnlich<br />

Broszat, 398) als das große Fragezeichen am Schluß stehen bleibt. 1<br />

I.<br />

Die Dauerkrise, in der das Deutsche Reich sich seit dem Kriegsende 1918 befand,<br />

<strong>und</strong> die nur ihre Zuspitzung in der Weltwirtschaftskrise erfuhr, hatte besonders verheerende<br />

Wirkungen auf die Mittelschichten. War der gewerbliche Mittelstand seines ohnehin<br />

geringen mobilen Kapitals nicht schon durch den verlorenen Krieg via Kriegsanleihen<br />

verlustig gegangen, so machten ihn die Inflationsjahre gänzlich zahlungsunfähig.<br />

Die gut fünf Jahre später einsetzende Wirtschaftskrise führte dann zur bekannten<br />

Panik. Schuld an den wirtschaftlichen Problemen war im mittelständischen Bewußtsein<br />

das politische System, nicht zuletzt auch, weil die Verschlechterung der sozialen Verhältnisse<br />

ja mit einer Veränderung des politischen Systems einhergegangen war.<br />

Den Angestellten machte, verstärkt in der Zeit der Wirtschaftskrise, besonders auch<br />

die zunehmende Statusunsicherheit gegenüber den Arbeitern zu schaffen. Stark abstrahierend<br />

könnte man in der gebotenen Kürze sagen: während ein Arbeiter sich eher<br />

durch seine Arbeit zu identifizieren weiß als durch seine Stellung im Betrieb, denn diese<br />

ist .unten«, findet die Identifikation des Angestellten über die Stellung im Betrieb<br />

<strong>und</strong> seine bürgerliche Statussymbolik statt. Beides war gefährdet (vgl. Speier 66-101).<br />

Hatte nun die Krise auf die mittleren <strong>und</strong> unteren Bevölkerungsgruppen die Wirkung,<br />

den Einzelnen in massivem Egoismus <strong>und</strong> in Vereinzelung zurückzulassen (so<br />

Vierhaus 160), boten die Systemübetwindungs- <strong>und</strong> Volkseinheitsparolen der Nationalsozialisten<br />

sich dem »alten« wie dem »neuen« Mittelstand <strong>und</strong> ebenso orientierungslos<br />

gewordenen Arbeitern als Ausweg an <strong>und</strong> waren offenbar in der Lage, der Partei seit<br />

1930 im Reichsmaßstab wachsende Wählermassen zuzuführen (vgl. Falter; Winkler<br />

1972 157-182; Kocka; Leppert-Fögen 271-288).<br />

II.<br />

In der Tat bot die NSDAP ein umfassend mittelständisches Programm an; nicht nur<br />

die vagen Versprechungen der Punkte 16 (Mittelstandsschutz , sogar konkreter ausgeführt<br />

als Art. 164 der Weimarer Verfassung) <strong>und</strong> 25 (starke Zentralgewalt, Stände- <strong>und</strong><br />

Berufskammern) des NSDAP-Programms von 1920, sondern ebenso oder noch stärker<br />

die übrigen, votwiegend negativ akzentuierten Punkte inklusive Antisemitismus boten<br />

DAS ARGUMENT 12111980

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