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Westeuropäische Linke und "dritter Weg" - Berliner Institut für ...

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Kunst <strong>und</strong> Kulturwissenschaften 449<br />

Ästhetik <strong>und</strong> Wirklichkeit (politischer Herrschaft) erhält er so <strong>für</strong> den Faschismus:<br />

»Hier ist nicht mehr nur eine Theorie des schönen Scheins entworfen, vielmehr ist der<br />

schöne Schein Konstituens einer immer schon entworfenen Totalität, in der die herrschende<br />

Ästhetik zur Ästhetik totaler Herrschaft wird.« (21, Schnell in Anlehnung an<br />

die ideologiekritische Argumentation von Martin ]ürgens.) - Entscheidenden Stellenwert<br />

<strong>für</strong> die Praxis der »Ästhetisierung des politischen Lebens« mißt er der politischen<br />

Funktionalisierung »regressiver Mythologie« (40) bei, deren faschistisch besondere Tradition<br />

er exemplarisch an Langbehns »Rembrandt als Erzieher« herausschält. Ihre entscheidende<br />

»propagandistische Wirksamkeit« (33) bekämen diese Mythen freilich erst<br />

durch ihren n'tuellen Einsatz »( ...) im Zusammenhang faschistischer Massenveranstaltungen,<br />

im Kontext eines Rituals, das zahlreiche Mythen zu einem Gesamtbild ästhetisierter<br />

Politik integriert« (33).<br />

Um diese (hier nur grob skizzierten) theoretischen Postulate ranken sich die Untersuchungen<br />

einzelner Phänomene faschistischer Kultur, - reichlich ausgestattet mit Reminiszenzen<br />

an die Ideologie-Kritik in der Tradition Adornos, Horkheimers <strong>und</strong><br />

Blochs.<br />

Breitesten Raum nimmt dabei die Behandlung unterschiedlicher Ausformungen faschistischer<br />

Literatur ein: P. Werbick untersucht beispielhaft historische Romane des<br />

Faschismus. R. Stollmann, der mit seinen theoretischen Ausführungen am stärksten<br />

mit dem Herausgeber korreliert, analysiert das Nazi-Selbstbildnis im SA-Roman. (Vgl.<br />

dazu meine Rezension des Stollmann-Buches »Ästhetisierung der Politik« im<br />

Argument-Beiheft 79, aus dem der Aufsatz wesentlich substrahiert ist.) H. Geyer-Ryan<br />

behandelt die »Trivialliteratur im Dritten Reich«. Besonders interessant ist ihr Beitrag<br />

<strong>für</strong> mich dort, wo sie <strong>für</strong> den Faschismus spezifische Ausprägungen allgemeiner Merkmale<br />

des Genres herausarbeitet. Eine einleuchtende Korrektur des durch die bisherige<br />

Literaturgeschichte vermittelten Bildes von Max Barthel, dem von KPD über SPD zu<br />

den Nazis »avancierten« Schriftsteller, liefert M. Rector in einer Detail-Studie. Er leitet<br />

dessen literarische Entwicklung nicht aus seinen »zahlreichen politischen Standortveränderungen«<br />

(280) ab, sondern »umgekehrt: seine jeweilige politische Positionsnahme<br />

ergab sich stets nur aus den gesellschaftlichen Implikationen seines Kunstbegriffes«<br />

(280). - S.B. Würffels .Anmerkungen zum Hörspiel im Dritten Reich« verzichten leider<br />

völlig auf eine Eingliederung dieser - quantitativ sehr unbedeutenden - Sendeform<br />

in das Gesamtprogramm des faschistischen R<strong>und</strong>funks <strong>und</strong> seine besondere gesellschaftliche<br />

Qualität. Auch interpretiert er nicht die Hörspiele (von denen eine ganze<br />

Reihe noch erhalten <strong>und</strong> zugänglich sind), sondern die Texte, die zu Hörspielen verarbeitet<br />

wurden. So gehen wichtige mediale, <strong>und</strong> damit auch ideologische, Dimensionen<br />

des Materials verloren.<br />

In doppelter Beziehung herausragend ist der Beitrag F. Vaßens zur illegalen Arbeit<br />

des BPRS nach 1933. Er ist der einzige Beitrag des Bandes, der Formen antifaschistischer<br />

Kultur thematisiert. Und er verbindet eindrucksvoll die Interpretation der einschlägigen<br />

Texte mit den Produktions- <strong>und</strong> Rezeptionsverhältnissen antifaschistischer<br />

Literatur. Eine Verknüpfung, die in den übrigen Interpretationen kaum hergestellt<br />

wird, obwohl sie im theoretischen Aufsatz R. Schnells allgemein pointiert herausgehoben<br />

wird.<br />

Wichtige Alltagsbereiche faschistischer Kultur thematisieren zwei weitere Beiträge:<br />

M. Damus' Beschreibungen von bildender Kunst <strong>und</strong> Architektur im Faschismus machen<br />

vor allem die Funktionalisierung der »regressiven Mythologie« (am Beispiel der Architektur)<br />

<strong>und</strong> die von Schnell herausgehobene »Systemkohärenz der Künste. (45ff.),<br />

am Beispiel von Malerei <strong>und</strong> Plastik, anschaulich. A.G. Rabinbach legt mit seinem<br />

Aufsatz zur »Ästhetik der Produktion im Dritten Reich. eine Überarbeitung der 1976<br />

in den USA erschienenen Fassung vor. Hier werden vor allem zwei Gesichtspunkte<br />

DAS ARGUMENT 12I1ll,180 @

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