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Westeuropäische Linke und "dritter Weg" - Berliner Institut für ...

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326 Pietra Ingraa<br />

Rechten, sondern auch aus den Ultralinken terroristische Gruppen hervorgegangen.<br />

Was auch immer die Erklärungen dieser Gruppen sein mögen, <strong>und</strong> obwohl sie sich<br />

manchmal mit Appellen zur Revolution <strong>und</strong> zum Kampf des Proletariats schmücken,<br />

sie reduzieren den politischen Kampf auf einen Bandenkrieg, der die Massen von der<br />

Teilnahme entfernt, sie in die Häuser einschließt, <strong>und</strong> den Arbeiter entweder in die<br />

Isolation treibt oder ihn seinerseits dazu veranlaßt, sich in eine gewaltsame oder sogar<br />

bewaffnete Korporation zurückzuziehen. Ob sie es sagen oder nicht, die terroristischen<br />

Gruppen, die bei uns auf diese Weise handeln, spielen nicht nur das Spiel der extremen<br />

Rechten, die die Möglichkeit der Demokratie verleugnen will. Sie machen noch<br />

Schlimmeres. Sie treffen das höchste <strong>und</strong> revolutionärste Anliegen, das in diesem Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

zur Reife kam: das Verlangen der Massen, daß die Politik nicht mehr nur in<br />

den Händen weniger Führungsschichten sein soll, sondern Eigentum <strong>und</strong> Macht von<br />

Millionen von Männern <strong>und</strong> Frauen.<br />

Ist das Bild, das aus diesen meinen Betrachtungen ensteht, ein zu bitteres, dramatisches?<br />

Ich habe schon gesagt, wie wenig ich an Analysen des Typs .katastrophal« glaube.<br />

Aber es stimmt, daß sich uns nunmehr Fragen von größter Wichtigkeit stellen: das<br />

Problem der Ernährurrg von Milliarden Menschen, die Frage der Kosten <strong>und</strong> der<br />

Gr<strong>und</strong>lagen der heutigen Industriezivilisation, die Beziehung zwischen dieser Zivilisation<br />

<strong>und</strong> der natürlichen Umwelt, die Entwicklungen, zu denen die moderne Wissenschaft<br />

führt, die Perspektiven <strong>und</strong> der Sinn selbst der menschlichen Arbeit. Und mit<br />

diesen epochalen Schwierigkeiten muß es die europäische <strong>Linke</strong> aufnehmen.<br />

Hier liegt die gr<strong>und</strong>legende Motivation <strong>für</strong> eine Annäherung zwischen den Kräften<br />

der europäischen <strong>Linke</strong>n. Ich konstatiere eine Unzulänglichkeit des Staates - national<br />

angesichts des transnationalen Charakters, den die Restrukturierungen der f<strong>und</strong>amentalen<br />

kapitalistischen Gruppen annehmen. Noch mehr. Ich sehe die Schranke einer eurozentristischen<br />

Perspektive immer klarer, angesichts der sozialen Formationen, der<br />

Kulturen, der Formen poLtischen <strong>und</strong> eigenstaatlichen Lebens von Kontinenten, Völkern,<br />

Ländern, die heute direkt <strong>und</strong> entscheidend in all jene Probleme eingreifen, die<br />

ich vorher als .epochal« bezeichnet habe.<br />

Ich gebe zwei brennend aktuelle Beispiele. Ich frage mich, ob es möglich ist, den<br />

Vorwärtsmarsch in Richtung nuklearer Aufrüstung umzukehren, wenn sich nur unsere<br />

europäischen Kräfte da<strong>für</strong> einsetzen. Ich frage mich, ob es nicht notwendig ist, auch<br />

andere Gesprächspartner auf Weltebene miteinzubeziehen in Asien, Afrika, Lateinamerika.<br />

So könnte verhindert werden, daß sie in eine Logik der Blockade zurückgeworfen<br />

oder in eine Zersplitterung von politischen .Zonen« hineingezogen werden, von<br />

Stärkeren manövriert oder daß sie selbst Quellen von unkontrollierbaren Spannungen<br />

werden. Aber ist es möglich, diese Völker, diese neuen Protagonisten der Geschichte,<br />

zu einem gemeinsamen Kampf <strong>für</strong> den Frieden zu veranlassen, ohne sich mit den Problemen<br />

zu belasten, die sie mit ihrer Entwicklung, ihrer Autonomie haben?<br />

Zweitens stellt sich die Frage der Rolle Europas bei einer neuen Nutzung der WeItreserven.<br />

Wie garantiert man die Sicherheit der Beschäftigung <strong>für</strong> Millionen vonJugendlichen<br />

<strong>und</strong> Frauen? Was werden wir morgen erzeugen? Die gleichen Dinge wie heute<br />

<strong>und</strong> in Konflikt <strong>und</strong> Wettstreit mit der Dritten <strong>und</strong> Vierten Welt? Welche Rolle werden<br />

wir spielen beim Zusammenprall mit der Zukunft <strong>und</strong> der Kontrolle über die moderne<br />

Wissenschaft, diese f<strong>und</strong>amentale produktive Kraft, dieses schreckliche <strong>und</strong> heute<br />

entscheidende Instrument <strong>für</strong> die Zunahme oder die Minderung der Ungleichheit<br />

DA.S ARGUMENT 121/1980 ©

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