Westeuropäische Linke und "dritter Weg" - Berliner Institut für ...
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454 Besprechungen<br />
zungen zu beziehen. Zwar kritisiert Dilly mit Thomas S. Kuhn die Annahme einer<br />
kontinuierlich sich entwickelnden disziplinären Theorie- <strong>und</strong> Methodenbildung, die<br />
den Einfluß von Außenfaktoren auf die Konstitution von .wissenschaftlichen Gemeinschaften.<br />
vernachlässigt. Jedoch wird die scheinbare Logik einer Wissenschaftsentwicklung<br />
noch nicht konsequent durch die Logik der Geschichte, in der jene verankert ist,<br />
ersetzt.<br />
Jutta Held (Osnabrück)<br />
Brix, Michael, <strong>und</strong> Monika Steinhauser (Hrsg.): .G es chi eh t e all ein ist z e i t<br />
gern ä ß •. Historismus in Deutschland.<br />
Anabas Verlag, Gießen 1978 (328 S., br., 32,- DM).<br />
Die Erforschung des Historismus in Architekturtheorie <strong>und</strong> Architekturgeschichte<br />
des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts mußte von der Kunstgeschichte nach dem zweiten Weltkrieg fast<br />
notwendig vernachlässigt werden, je ausschließlicher sich diese der in den 30er Jahren<br />
unterdrückten avantgardistischen Kunst verpflichtet fühlte. Erst die von Thyssen initiierten<br />
<strong>und</strong> finanzierten Forschungsprojekte zur Kunst <strong>und</strong> Architektur des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
brachten eine Wende. Eine quantitativ in neuem Stil durchgeführte positivistische<br />
Aufarbeitung der Dokumente <strong>und</strong> Denkmäler des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts setzte ein.<br />
In der Analyse '<strong>und</strong> Bewertung ihres Gegenstandes blieben diese Forschungen jedoch in<br />
den meisten Fällen unsicher. Die Versuche, historische, dem Anschein nach also innovationsfeindliche<br />
Formen dem avantgardistischen ästhetischen Kanon anzugliedern,<br />
konnten nicht überzeugen. Die Notwendigkeit, produktivere wissenschaftliche Fragestellungen<br />
zu entwickeln, etwies sich gerade bei der Erforschung des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
als zwingend. Diese Umorientierung wurde von Kunsthistorikern aus dem Umkreis des<br />
.Ulmer Vereins., einer fortschrittlichen Berufsorganisation der Kunsthistoriker, in Angriff<br />
genommen, die mit dem vorliegenden Band ein erstes Ergebnis vorlegen, das sich<br />
mit den Sammelbänden der Thyssen·Stiftung nicht nur messen kann, sondern sie im<br />
theoretischen Ansatz übertrifft. Die Mehrzahl der Beiträge ist aus der kollektiven Ar·<br />
beit eines Projekts des Ulmer Vereins zu Problemen des Historismus hervorgegangen<br />
<strong>und</strong> auf einer Tagung in München ersrmalig vorgestellt worden.<br />
Als Einführung in die Problemstellungen des Bandes ist der perspektivenreiche Beitrag<br />
von W. Hardtwig zur Begriffsgeschichte des Historismus zu empfehlen. Hardtwig<br />
stellt die wesentlichen Inhalte historistischen Denkens zu Beginn des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
heraus, das ähnlich wie die historistische Kunst die epochale Erfahrung des Traditionsbruchs<br />
seit der Französischen Revolution zu verarbeiten sucht. Sein Ergebnis, daß Historismus<br />
als ein Kampfbegriff gegen den Feudalismus verstanden werden kann, bietet<br />
der Kunstgeschichte fruchtbare Ansatzpunkte <strong>für</strong> die Neubewertung historistischer<br />
Kunst.<br />
Bei den folgenden Beiträgen handelt es sich um speziellere Untersuchungen, die jedoch<br />
stets zentrale Probleme der Kunst <strong>und</strong> Kunsttheorie des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts im Blick<br />
haben. So wird an dem Beispiel der Straßburger Stadterweiterung die Expansion der<br />
Städte <strong>und</strong> die planerischen <strong>und</strong> ideologischen Überlegungen, die sie provozierte, verdeutlicht<br />
(Hammer· Schenk). - Der Aufsatz von Peters über die Restaurierung der<br />
Kathedrale von Hertogenbosch weist auf glänzende Weise die Problematik <strong>und</strong> die<br />
Aporien der Denkmalpflege nach. Die Programmatik des Verhältnisses von Wissenschaft<br />
<strong>und</strong> Kunst im Vormärz wird von Hinz durch die Analyse der Fakultätenbilder<br />
der Bonner Universität untersucht. Er geht dabei der zentralen Frage nach, warum<br />
überhaupt der Kunst eine Schlüsselposition im Denken des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts eingeräumt<br />
wurde.<br />
Der Beitrag von M. Brix <strong>und</strong> M. Steinhauser, wohl wegen seines Umfangs in den<br />
zweiten Teil des Bandes verlegt, war ursprünglich als Einführung gedacht. Er bietet eine<br />
umfassende Diskussion aller wesentlichen Probleme historistischer Architekturtheo·<br />
lJAS ARGUMENT 121/1980