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Westeuropäische Linke und "dritter Weg" - Berliner Institut für ...

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390 Thomas Bracke!<br />

Anhaltspunkte genug, um diese Partei als Alternative zum bestehenden System zu<br />

empfinden. So sollte die »korrumpierende Parlamentswirtschaft. bekämpft werden<br />

(Punkt 6) <strong>und</strong> diejenigen, die das »Gemeininteresse schädigen. (Punkt 18), die .Brechung<br />

der Zinsknechtschaft« (Punkt 12), <strong>und</strong> zwar ~ wie sich herausstellte ~ der des<br />

»internationalen jüdischen Finanzkapitals«, wurde gefordert, wie daß ganz allgemein<br />

»Gemeinnutz vor Eigennutz« zu gehen habe (Punkt 24).<br />

Diesen Angeboten in der Notsituation der Wirtschaftskrise zu widerstehen, bedurfte<br />

es starken Rückhalts: im Glauben (katholisch), in einer unerschütterlichen Weltanschauung<br />

(marxistisch), in einem gefestigten Demokratieverständnis (liberal) oder auch<br />

in einem festen Gruppenzugehörigkeitsgefühl. Mangels alternativer Angebote zur nationalsozialistischen<br />

.Alternative« (siehe Abschnitt IV) war der Mittelstandssozialismus<br />

der NSDAP (Leppert-Fögen 288-294) als einzige Ideologie in der Lage, die Mittelschichten<br />

wirksam »anzurufen« (Laclau ).<br />

III.<br />

Das sog. Straßer-Programm von 1925/26 stand in keiner Weise im Gegensatz zu dieser<br />

Programmatik, sondern stellte »lediglich eine Konkretisierung <strong>und</strong> Präzisierung, an<br />

wenigen Stellen auch eine gewisse Verschärfung« dar (Kühnl 1966b, 322). Der Unterschied<br />

zwischen einem .linken« <strong>und</strong> einem .rechten« Nationalsozialismus liegt entsprechend<br />

nicht darin, daß die .<strong>Linke</strong>. einen proletarischen, die Parteiführung dagegen einen<br />

kleinbürgerlichen-Kurs gesteuert hätte. Auch das Programm der »<strong>Linke</strong>n« lief darauf<br />

hinaus, die absolute Dominanz des Mittelstandes im Staat zu sichern (Diktatur des<br />

Mittelstandes), hatte also mit Interessen der Arbeiterklasse wenig zu schaffen. Gering<br />

war denn auch der Erfolg nationalsozialistischer Programmatik <strong>und</strong> Ideologie bei organisierten,<br />

klassenbewußten Industriearbeitern, wie ein Vergleich der Wahlergebnisse<br />

von NSDAP <strong>und</strong> NSBO (Nationalsozialistische Betriebszellen-Organisation) im Ruhrgebiet<br />

zeigt (Böhnke 169-176).<br />

Der Unterschied ist vielmehr darin zu suchen, daß die den Brüdern Straßer Nahestehenden<br />

willens waren, die Interessen ihrer mittelständischen Anhängerschaft zu vertreten,<br />

<strong>und</strong> ihnen mit einer konkreten, wenn auch sicher ruckwärtsgewandt-utopischen,<br />

kleinbürgerlich-antikapitalistischen Programmatik Rechnung zu tragen. Der Parteiführung<br />

um Hitler in München ging es hingegen ausschließlich darum, um jeden Preis an<br />

die Macht zu kommen (so Kühnl 1966a, 88f.). Von der Parteiführung wurde damit<br />

mehr der Mentalität des Kleinbürgertums zu Zwecken der Mobilisierung Bedeutung<br />

beigemessen, vom »linken« Flügel mehr der objektiven Lage: sie verlangte die Verbindung<br />

von Antikapitalismus <strong>und</strong> Antimarxismus, der .linke« Flügel entspricht somit der<br />

Basis einer faschistischen Bewegung. Wenn dieser theoretische Bef<strong>und</strong> auch durch<br />

quantitative Analysen ergänzt werden müßte, kann er als relativ gesichert doch mindestens<br />

<strong>für</strong> industrialisierte Gebiete gelten, wo der .Sozialismus« der NSDAP seine Anziehungskraft<br />

besonders auf die Angestellten, den »neuen. Mittelstand erwies (Winkler<br />

1976, 103)2 Der .alte. Mittelstand mußte hingegen des öfteren dahingehend beruhigt<br />

werden, daß die entsprechende Programmatik sich nicht gegen sein Privateigentum<br />

richte (Winkler 1976, 102).<br />

Wie sah der nationalsozialistische .Sozialismus« aus? Gregor Straßer sprach sich 1932<br />

in der ersten nationalsozialistischen R<strong>und</strong>funkrede gegen .das heutige System des entarteten<br />

kapitalistischen Zeitalters <strong>und</strong> den ebenso naturwidrigen, weil auf der gleichen<br />

DAS ARGUMENT 121/1980 (s)

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