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Westeuropäische Linke und "dritter Weg" - Berliner Institut für ...

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Gedanken über den .Dritten Weg zum Sozialismus« in Westeuropa 339<br />

Räte-, direkter oder indirekter Demokratie <strong>und</strong> schon gar nicht von Verrat oder Prinzipientreue,<br />

liefern hier<strong>für</strong> mehr als Mißverständnisse, überkommene Schablonen aus<br />

vergangenen Richtungskämpfen der Arbeiterbewegung, deren Tauglichkeit schon damals<br />

zu bezweifeln war. Mehr denn je kommt es heute in der westeuropäischen <strong>Linke</strong>n<br />

darauf an, sich die ganze Vorurteilslosigkeit der Auffassung von Otto Bauer anzueignen,<br />

wonach der Reformismus das .notwendige (wenn auch nur transitorische, D.A.)<br />

Resultat einer bestimmten Entwicklungsstufe des Kapitalismus« ist. 9 Erst vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />

einer solchen jede Abqualifizierung vermeidenden Zurkenntnisnahme wird es<br />

gelingen, die fortschrittlichen Teilstücke, die der Reformismus zu jeder Zeit enthielt,<br />

beim Wort zu nehmen, seine Widersprüche von innen heraus aufzugreifen <strong>und</strong> seine<br />

ebenso permanent vorhandene Tendenz zur Abgrenzung gegen links wo nicht aufzuheben,<br />

ihr doch zumindest jeden nachvollziehbaren Votwand zu nehmen.<br />

Ganz anders bestimmt sich das Verhältnis des .dritten« zum .zweiten Weg«. Seine<br />

Anhänger können sich bis heute auf mehr als ein Beispiel gelungener sozialistischer Revolutionen<br />

berufen; der Russischen Oktoberrevolution folgte die Chinesische, Kubanische<br />

<strong>und</strong> Vietnamesische, um nur die wichtigsten zu etwähnen. Unbeschadet der vielfältigen<br />

nationalen Unterschiede besteht ein wesentliches gemeinsames Merkmal ihrer<br />

inneren gesellschaftlichen Struktur darin, daß sie den Aufbau des Sozialismus durch die<br />

Errichtung einer revolutionären Diktatur der Arbeiter- <strong>und</strong> Bauernrnassen unter der<br />

Führung einer marxistisch-leninistisch orientierten Partei in Angriff genommen haben.<br />

Obwohl der antiimperialistische Kampf <strong>und</strong> der Befreiungsprozeß der sog. 3. Welt bis<br />

heute eine große Zahl von Abwandlungen, die Einbeziehung der verschiedensten Kräfte<br />

<strong>und</strong> Traditionen hervorgebracht haben (unter Einschluß breiter religiös motivierter<br />

Strömungen, wie die sozialrevolutionäre Rolle des Islam oder der katholischen .Theologie<br />

der Befreiung« in Lateinamerika zeigen), erscheint es doch berechtigt, im Bild der<br />

genannten Revolutionen den Kern bereich der bisher vetwirklichten sozialistischen Gesellschaftsordnungen<br />

jener Länder zu erblicken.<br />

Die Arbeiterbewegung in den westeuropäischen Industrieländern sieht sich von dieser<br />

Entwicklung gleich in mehrfacher Hinsicht herausgefordert. Verdankt die westliche<br />

<strong>Linke</strong> der Befreiung vom Faschismus den wichtigsten Teil ihrer heutigen politischen<br />

Existenz, so kommt den Prinzipien der von der Sowjetunion erzwungenen friedlichen<br />

Koexistenz gerade in Westeuropa tagtäglich die Bedeutung einer die Aussichten des eigenen<br />

politischen Kampfes maßgebend beeinflussenden Gr<strong>und</strong>voraussetzung zu.<br />

Schießlich haben auch die Erfolge der antiimperialistischen Befreiungsbewegungen zunehmend<br />

die Rolle eines relevanten, das Manövrierfeld der alten herrschenden Klasse<br />

im Westen von außen konditionierenden Faktors erlangt. - So bedeutsam jedoch alle<br />

diese Momente sind <strong>und</strong> so wenig die Anziehungskraft der sozialistischen Idee in der<br />

Gegenwart von den dort gemachten revolutionären Erfahrungen zu trennen ist, so wenig<br />

kann die westeuropäische <strong>Linke</strong> eine Übertragung dieser Erfahrungen oder auch<br />

nur ihrer wesentlichen Teile auf das eigene Kampffeld in den kapitalistischen Industrieländern<br />

akzeptieren. Und ebensowenig hilft es weiter, wenn die prinzipielle Parteinahme<br />

der westlichen <strong>Linke</strong>n <strong>für</strong> den auch dort nur unter zahllosen Schwierigkeiten möglichen<br />

Aufbau des Sozialismus dadurch mißverstanden <strong>und</strong> entwertet wird, daß man die<br />

Augen vor den teilweisen schwetwiegenden Deformationen der inneren gesellschaftlichen<br />

Verfaßtheit dieser Länder verschließt, wie sie vielfach bis heute zu empfindlichen<br />

Einschränkungen persönlicher Freiheitsrechte, nicht entwickelter Pluralität sozialer <strong>und</strong><br />

DAS ARGUMENT 121/1980 ©

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