Westeuropäische Linke und "dritter Weg" - Berliner Institut für ...
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Neofaschismus in der BRD 397<br />
Suche nach Sinn, Wärme <strong>und</strong> Solidarität. Ziel von Gegenstrategien muß daher die Veränderung<br />
der Lebensbedingungen solcher Jugendlicher insgesamt sein, nicht vordergründige<br />
moralische Verdammung nach der Devise .Jagt ihn weg, den braunen Dreck'.<br />
Solche Etikettierungen schaffen eher eine - ungewollte - nachträgliche Identifikation<br />
mit den zunächst als bewußtlose Provokation angewandten faschistischen Symbolen<br />
<strong>und</strong> Ideologemen.<br />
In ähnliche Richtung argumentieren die Beiträger des Bandes von Paul/ Schoßig, der<br />
aus einer Tagung des Deutschen B<strong>und</strong>esjugendringes im September 1978 hervorgegangen<br />
ist. Bemerkenswert ist u.a. der Beitrag des Referenten <strong>für</strong> informativen Verfassungsschutz<br />
im hessischen Innenministerium, H.]. Schwager!, der sich von der üblichen<br />
Verharmlosung durch staatliche Organe stark unterscheidet:<br />
.Die bisherigen wiederholten Aussagen des nachrichtendienstlichen Verfassungsschutzes <strong>und</strong><br />
der B<strong>und</strong>esregierung, der Rechtsextremismus stelle keine Gefahr <strong>für</strong> die Sicherheit in der B<strong>und</strong>esrepublik<br />
Deutschland dar, sind in dieser Pauschale ungenau. (. .. ) Der organisierte Rechtsextremismus<br />
in Parteien <strong>und</strong> Vereinigungen ist seit etwa 1970/71 zur völligen Bedeutungslosigkeit<br />
gesunken. ( ... ) Gefährlich dagegen bleiben die rechtsextremen Tendenzen <strong>und</strong> Denkvorstellungen<br />
unter der dünnen Decke des Demokratischen. wie z.B. der latente Antimarxismus<br />
oder die Sehnsucht nach einem starken Staat, aber auch eine ausgesprochene Geistesfeindlichkeit,.<br />
(43).<br />
Deutlicher als bei Meyer/Rabe werden in diesem Band die sozialpsychologischen Ursachen<br />
jugendlicher Faschismus-Schwärmerei herausgearbeitet.<br />
Pomon'n/junge nahmen als vorgebliche Gesinnungsfre<strong>und</strong>e an neofaschistischen<br />
Aktionen (z.B. einem Fackelmarsch der >Jungen Nationaldemokraten« an der DDR<br />
Grenze) teil <strong>und</strong> trafen sich mit führenden Repräsentanten wie dem NPD-Landesvorsitzenden<br />
von Nordrhein-Westfalen, B<strong>und</strong>eswehrmajor K.-H. Lindner, <strong>und</strong> dem Alt<br />
Nazi Oberst Rudel. Die Publikation ist kaum analytisch angelegt, ihr Wert besteht<br />
wohl auch weniger in der behaupteten Beschaffung von Informationen, die sonst nicht<br />
an die Öffentlichkeit kämen. Interessant dürfte v.a. die Schilderung atmosphärischer<br />
Eindrücke bei den Gesprächen sein, die gleichsam von innen her vorführen, »wes Geistes<br />
Kind« der Leser vor sich hat.<br />
2_ Begriffe<br />
Rechtfertigen die skizzierten Phänomene die Anwendung des Faschismusbegriffes?<br />
Die Autoren der zu besprechenden Bücher sind sich nicht einig. Meyer IRabe sprechen<br />
durchgängig von .Rechtsextremismus«; Pomorin/Junge schreiben »Neonazismus«; in<br />
den Sammelbänden verwenden einige Beiträger den Begriff »Neofaschismus«, andere<br />
»Rechtsradikalismus«, wieder andere benutzen mehrere Begriffe abwechselnd. Leider<br />
liefert kein Autor einen genauen Definitionsversuch dieser Begriffe - lediglich der historische<br />
Faschismus wird exakt definiert (in: Neofaschismus, 251-256; Paul! Schoßig,<br />
64-74).<br />
Meyer/Rabe begründen ihre begriffliche Konzeption wesentlich mit folgenden Argumenten:<br />
- erstens halten sie die Begriffe (Neo-)Faschismus <strong>und</strong> Nazismus <strong>für</strong> so inflationär gebraucht<br />
<strong>und</strong> in der politisch-wissenschaftlichen Diskussion verunklart, daß ihre Verwendung<br />
heute keinen Nutzen bringt,<br />
- zweitens betonen sie, daß viele der heutigen extremen Rechten keine simple Wiederholung<br />
des Hitlerfaschismus anstreben <strong>und</strong> daher auch nicht begrifflich mit dem hi-<br />
DAS ARGUMENT 12111980 (cl