Westeuropäische Linke und "dritter Weg" - Berliner Institut für ...
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Soziologie 459<br />
den, so sind sie in der gegenwärtigen Diskussion auseinandergetreten oder auf die Ebene<br />
methodologischer Auseinandersetzungen soweit reduziert, daß die .durch ein dominantes<br />
empirisches Selbstverständnis charakterisierten Sozialwissenschaften« einer .wesentlich<br />
auf nicht empirische, konzeptionelle Elemente abstellenden Gesellschaftstheorie«<br />
unversöhnlich gegenüberstehen (vgl. c 7). Diese sachlichen wie methodischen Einseitigkeiten<br />
führen aber zu jener kaum übersehbaren Unfruchtbarkeit einer Auseinandersetzung,<br />
der es eben nicht mehr um ein Vorwärtstreiben des Wissenschaftsprozesses<br />
geht, sondern allein um das Nebeneinander von Positionen, die einen Anspruch auf<br />
Aufhebung (in welchem Sinne auch immer) ihres Gegensatzes keineswegs erheben.<br />
Überwiegend wendet sich die Mehrzahl der Beiträge in (b, c, d) dem Problem bereich<br />
Individualität/soziale Struktur zu <strong>und</strong> sucht das Verhältnis von >objektiver« <strong>und</strong> .subjektiver<br />
Seite« des Handelns zu klären: So strebt die in (b) unter dem Stichwort .Psychologie<br />
vs. Soziologie« geführte Auseinandersetzung .eine Intensivierung <strong>und</strong> Radikalisierung,<br />
zugleich aber auch eine Differenzierung der Kontroverse methodologischer<br />
Individualismus /Reduktionismus - methodologischer Holismus« (b 14) an. Ihren<br />
Ausgangspunkt hatte diese Kontroverse bekanntlich im Bemühen, soziologische Theoreme<br />
auf verhaltenstheoretische zurückzuführen, um so individuelles Handeln empirischer<br />
Beobachtung zugänglich zu machen. Aber auch im vorliegenden Band bleibt die<br />
Unterscheidung von Soziologie <strong>und</strong> Psychologie ungeklärt; daß eine methodologische<br />
Zuordnung von individualistischen Erklärungsprogrammen zur Psychologie <strong>und</strong> der<br />
ganzheitlichen Auffassungen zu einer nicht empirisch verfahrenden Soziologie nicht<br />
hinreichen, zeigt schon Poppers antipsychologisch gemeinte, durch eine atomistische<br />
Sozialontologie abgesicherte Anweisung an die Soziologie, sie habe Soziales aufIndividuen<br />
zurückzuführen, da nur diese zu Handlungen imstande seien.<br />
Worin liegt nun überhaupt die Fruchtbarkeit dieser Auseinandersetzung <strong>für</strong> die<br />
gr<strong>und</strong>lagentheoretische Diskussion der Soziologie? Sie könnte helfen, die Kluft zu<br />
überwinden, die zwischen der Annahme, der Mensch mache die Geschichte selbst, <strong>und</strong><br />
der Feststellung besteht, daß Individuen nur in den seltensten Fällen über die Bedingungen<br />
ihres (historischen) Tuns verfügen, vielmehr im Sinne des Marxschen »sie wissen<br />
es nicht, aber sie tun es. kollektiv institutionalisierten .Sachzwängen. gehorchen. Eine<br />
Integration psychologischer <strong>und</strong> soziologischer Annahmen könnte dazu beitragen, den<br />
problematischen Zusammenhang von Verhältnissen, Verhalten <strong>und</strong> Intentionen aufzuhellen.<br />
Die in diese Richtung weisenden Vorschläge in (b) <strong>und</strong> (c), nämlich Soziologie<br />
<strong>und</strong> Psychologie im Rahmen eines .interessenhermeneutischen Verfahrens« mittels der<br />
einheitlichen Form ihrer Aussagen als .interpretierenden Sätzen« in einen Zusammenhang<br />
zu bringen (c 101) oder aber in der empirischen Forschung selbst durch komplexe<br />
Mehrschichtenanalysen individuelles Tun <strong>und</strong> soziale Sttukturen aufeinanderzubeziehen<br />
(vgl. Scheuch in b), könnten zwar erste Schritte darstellen, bedürften aber einer<br />
ausreichenden methodologischen F<strong>und</strong>ierung.<br />
Ebenfalls auf die Klätung des Verhältnisses von individueller Subjektivität <strong>und</strong> sozialer<br />
Objektivität zielt die Wiederaufnahme des Aristotelischen .Praktischen Syllogismus.<br />
in der Handlungstheorie (vgl. a, cl: Dieser stellt ein Modell dar, welches in einem<br />
rekursiven Verfahren eine Beziehung zwischen Zielen I Normen <strong>und</strong> Aktivitäten herstellt.<br />
Seine Gr<strong>und</strong>annahme lautet, daß immer dann, wenn diese Beziehung logisch,<br />
d.h. durch den Praktischen Syllogismus, gesichert ist, ein Geschehen als Handlung gedeutet<br />
werden könne. Er liefert somit das entscheidende begriffliche Instrument sowohl<br />
<strong>für</strong> die individuelle Konkretisierung der in der Tradition Durkheims <strong>und</strong> Webers<br />
entwickelten Auffassung, soziale Systeme unterschieden sich durch Normenstrukturen,<br />
wie aber auch <strong>für</strong> die im Kontext der konstruktiven Ethik entstandene Handlungstheorie<br />
. Letztere bezieht sich vorrangig auf die .objektive Seite« des Tuns <strong>und</strong> sucht .im<br />
Rahmen von allgemein entscheid bar normierten Sprachsystemen. (c 23) Ziele <strong>und</strong> Nor-<br />
DAS ARGUMENT 12111980 \~