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Westeuropäische Linke und "dritter Weg" - Berliner Institut für ...

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Neofaschismus in der ERD 401<br />

wenn keine alternativen Verhaltensmöglichkeiten gesellschaftlich überzeugend angeboten<br />

werden.<br />

Paul interpretiert den in der jüngsten pädagogischen Forschung viel diskutierten<br />

.narzißtischen Sozialisationstyp« (vgl. Argument 118, 907f.) als eine modifizierte Variante<br />

des autoritären Charakters, die in hohem Maße <strong>für</strong> Zwangsverhältnisse anfällig<br />

sei. (Der Aufsatz liefert nebenbei die Z.Zt. wohl beste Zusammenfassung der pädagogischen<br />

Narzißmustheorie <strong>und</strong> eine vorzügliche Kurzanalyse der Strukturveränderungen<br />

familialer Sozialisation in der Nachkriegszeit.) Rechtsextreme Gruppen kommen narzißtischen<br />

Bedürfnissen an vielen Stellen entgegen: Wiederherstellung der frühkindlichen<br />

Symbiose im Gruppenzusammenhang, Delegation von Verantwortlichkeit, regressive<br />

Sicherheit, klare Orientierungen , ständige Bestätigung des Selbst durch aggressive<br />

Abgrenzung von der Umwelt.<br />

Wackers <strong>und</strong> Pauls sozialpsychologische Beiträge sind der gegenwärtig stringenteste<br />

Erklärungsversuch <strong>für</strong> jugendlichen Neofaschismus. Hennigs Untersuchungen von<br />

.Kontinuitäten zum historischen Faschismus <strong>und</strong> jugendliches Politikverhalten in der<br />

B<strong>und</strong>esrepublik« ergänzt dies aus soziologisch-politologischer Sicht <strong>und</strong> weist detailliert<br />

nach, daß eine plötzliche erhebliche Ausweitung des Rechtsextremismus eine durchaus<br />

reale Gefahr ist, »wenn der akute Lösungsdruck einer umfassenden Krise nicht nachläßt,<br />

sondern sogar noch zunimmt.« (92)<br />

4. Gegenstrategien<br />

Aufgr<strong>und</strong> der gegenwärtigen relativen Bedeutungslosigkeit neofaschistischer Organisationen<br />

<strong>und</strong> der weitgehenden Anbindung ihres Potentials an die Unionsparteien liegt<br />

es als Schlußfolgetung aus den Analysen nahe, aktuelle antifaschistische Arbeit auf der<br />

politischen Ebene primär als Kampf gegen Strauß <strong>und</strong> die von ihm repräsentierten<br />

Kräfte <strong>und</strong> Ziele zu begreifen. Dies wird jedoch in keinem der Bücher explizit diskutiert.<br />

Zur Bekämpfung des Neofaschismus selbst werden vor allem Vorschläge <strong>für</strong> die Schule<br />

<strong>und</strong> Jugendarbeit gemacht. Konsens besteht bei den Autoren darin, daß »die Auseinandersetzung<br />

mit dem historischen Faschismus nach wie vor wichtigstes Element einer<br />

Bildungsarbeit ist, die am historischen Beispiel die Gefahren markieren will, die in<br />

einer rechtsextremistischen Politik begründet liegen« (Paul, in: PaullSchoßig, 184). Es<br />

kommt jedoch darauf an, wie der Bezug des Lernsubjekts zu diesem Gegenstand gestaltet<br />

wird. Gemeinsamer Ausgangspunkt dabei ist die »Kritik der rationalistischen Aufklärungspädagogik«<br />

(ebd.).<br />

Zwar muß die Vermittlung des Faschismus dem Stand der wissenschaftlichen Forschung<br />

entsprechen <strong>und</strong> darf nicht länger von Anachronismen wie z.B. der kultusministeriell<br />

verfügten Verpflichtung auf die Totalitarismustheorie belastet werden, die Auseinandersetzung<br />

darf aber nicht lediglich die Seite des Gegenstandes im Auge haben<br />

<strong>und</strong> die des Subjekts dabei vernachlässigen. Es ist ein »idealistisches Vorurteil. (Paul,<br />

184), die Lernenden auf die Dimension des Rationalen zu verkürzen .• Faschismus ist<br />

kein Wissensproblem« (Meyer/Rabe, 159), der subjektive Faktor <strong>und</strong> die emotionale<br />

Dimension dürfen nicht länger ausgeklammert werden <strong>und</strong> den Rechtsextremisten zur<br />

Okkupation offenstehen. Die Thematik soll in Beziehung gesetzt werden zu .den alltäglichen<br />

Erfahrungen, Bedürfnissen, Interessen <strong>und</strong> Vorstellungen der Lernsubjekte<br />

<strong>und</strong> ihrer konkreten Lebenssituation« (Paul, 189). Letztere wird auch in der abstrakt-<br />

DAS ARGUMENT 121/1980 ©

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