Westeuropäische Linke und "dritter Weg" - Berliner Institut für ...
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336 Detlev Albers<br />
nissen entsprechend, wie sie den industriell entwickelten Gesellschaften gemein sind, die von<br />
demokratisch-parlamentarischen <strong>Institut</strong>ionen regiert werden, wie dies heute in den Ländern<br />
Westeuropas der Fall ist. - Es geht also, im Gegensatz zu den sozialdemokratischen Erfahrungen<br />
darum, Prozesse sozialistischer Veränderungen einzuleiten, die sich aber von jenen unterscheiden,<br />
wie sie in der Sowjetunion <strong>und</strong> in anderen sozialistischen Ländern nach der Oktoberrevolution<br />
vorangebracht wurden. In diesem Sinne sprechen wir, was Europa anbelangt, von einem<br />
dritten Weg.cl<br />
Neben den Hinweis auf den regionalen <strong>und</strong> sozialökonomischen Anwendungsbereich<br />
des »dritten Wegs« tritt hier zusätzlich das politische Merkmal der demokratischparlamentarischen<br />
Verhältnisse, die man als unverzichtbare Voraussetzung ansieht (worauf<br />
später noch zurückzukommen ist). Im übrigen bleibt <strong>für</strong> die Auffassung der italienischen<br />
wie großteils auch der übrigen Eurokommunisten charakteristisch, daß sie zwar<br />
gemeinsam mit den linkssozialistischen Positionen die Notwendigkeit neuer Wege hervorheben,<br />
die sich von denen der bestehenden sozialistischen Länder in zentralen Fragen<br />
.unterscheiden«, daß sie diese aber als außerhalb des historischen Horizonts <strong>und</strong><br />
deshalb .im Gegensatz« zu den Entfaltungsmöglichkeiten des sozialdemokratisch<br />
orientierten Teiles der internationalen Arbeiterbewegung begreifen. Daß sich innerhalb<br />
der Parteiengrenzen des sozialdemokratischen Lagers, ihren Traditionen, Kämpfen,<br />
Siegen <strong>und</strong> Niederlagen, die es vor <strong>und</strong> nach der Spaltung von 1919 geprägt haben,<br />
immer Chancen <strong>für</strong> eine sozialistische Veränderungsfähigkeit, gerade im Sinne der<br />
Ausarbeitung eines eigenständigen Beitrags zur Strategie des »dritten Weges«, erhalten<br />
haben, wie nicht zuletzt die austromarxistische Erfahrung beweist, wird von einer solchen<br />
Auffassung bis heute negiert.<br />
Für die linkssozialistische Position fehlt es derzeit an einer den Parteitagsthesen der<br />
KPI an Gewicht vergleichbaren Selbstverständnisäußerung. Gewiß würden, abgesehen<br />
von der erwähnten prinzipiellen Differenz in der Einschätzung der Sozialdemokratie,<br />
der CERES-Flügel bei den französischen Sozialisten, oder marxistisch orientierte Minderheiten<br />
in der SPD den allgemeinen Zielsetzungen, wie sie die 7. KPI-These beschreibt,<br />
übereinstimmen können (obwohl sie den Terminus »<strong>dritter</strong> Weg« gegenwärtig<br />
nicht verwenden)6 Hier wie in anderen sozialdemokratischen Parteien besteht natürlich<br />
auch die Gefahr (die an mancherlei ideologische Vorarbeiten, ja ganze .Denkschu<br />
!en« anknüpft), daß Begriff <strong>und</strong> Strategie des _dritten Wegs zum Sozialismus« als reformistisches<br />
Konzept eines wenigstens faktischen Verzichts auf den Kampf <strong>für</strong> gr<strong>und</strong>legende<br />
Gesellschaftsveränderungen mißverstanden werden. Andererseits - <strong>und</strong> dieses<br />
Argument dürfte im Ergebnis überwiegen - gehören solche Auseinandersetzungen,<br />
unabhängig von den verwandten Begriffen, ohnehin zu den Gr<strong>und</strong>bedingungen der<br />
politischen Arbeit linker Sozialdemokraten <strong>und</strong> Sozialisten, wenn sie ihren Parteien eine<br />
aktive, vorwärtstreibende Rolle unter den antikapitalistischen Kräften sichern oder<br />
zurückerobern wollen. Zudem ist der Einzugsbereich <strong>für</strong> die Entwicklung einer eigenständigen,<br />
nichtreformistischen Strategie des »dritten« oder demokratischen Wegs zum<br />
Sozialismus zumal in den südeuropäischen sozialdemokratischen bzw. sozialistischen<br />
Parteien keineswegs auf die genannten innerparteilichen Gruppierungen beschränkt,<br />
sondern kann bei entsprechender F<strong>und</strong>ierung in Theorie <strong>und</strong> Praxis auf die Zustimmung<br />
weiter Teile bis hin zur Mehrheit dieser Parteien rechnen. 7<br />
Worauf beruhen die Schwierigkeiten, die eingangs festgestellte Umstrittenheit dieser<br />
Positionen <strong>und</strong> - was letztlich nichts anderes ausdrückt - die <strong>für</strong> zahlreiche westeuropäische<br />
Länder noch immer charakteristische Minderheitsrolle ihrer Anhänger? Ich