Westeuropäische Linke und "dritter Weg" - Berliner Institut für ...
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Kunst <strong>und</strong> KultuTWissenschaften 455<br />
rie <strong>und</strong> Architekturgeschichte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts. Nicht zuletzt sei auf die vorzügliche<br />
Bebilderung gerade dieses Beitrages hingewiesen. Nach einem einleitenden Kapitel<br />
über die neuen Bauaufgaben des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts - darunter Mietskaserne, Glaspalast,<br />
Passagen <strong>und</strong> Bahnhöfe, die sich der Subsumption unter akademische ästhetische<br />
Kategorien <strong>und</strong> Bautypen widersetzten, behandeln die beiden Autoren den Umgang<br />
des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts mit Bauwerken der Vergangenheit, d.h. die Bewertung historischer<br />
Monumente <strong>und</strong> die praktischen Konsequenzen dieser Wertungen in der Denkmalpflege,<br />
die im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert institutionalisiert wird. In den folgenden drei Kapiteln<br />
wird die Stildiskussion des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts behandelt - von der Suche nach einem<br />
verbindlichen Stil zu Beginn des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts bis zur theoretischen Legitimation<br />
des bereits früher praktizierten Stilpluralismus in der zweiten Hälfte des Jahrh<strong>und</strong>erts.<br />
Es folgt ein Kapitel über die theoretische Reflexion der beiden bestimmenden,<br />
zunehmend antagonistischen Momente der Baupraxis des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts, nämlich<br />
ihrer .Kunstform. <strong>und</strong> ihrer .Zweckform•. Wohl als Anhang zu verstehen ist der letzte<br />
Abschnitt über den Architekturbegriff in der philosophischen Ästhetik. - Eine Vielfalt<br />
literarischer Quellen ist von den Autoren neu erschlossen <strong>und</strong> analysiert worden, so<br />
daß die Erforschung der ästhetischen Diskussion des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts auf ein neues Niveau<br />
gehoben wird. Die unvorbereitete Lektüre dieses im besten Sinne anspruchsvollen<br />
Beitrags ist jedoch nicht einfach, auch deshalb nicht, weil seine Systematik nicht ganz<br />
elOsichtig ist. Die Autoren erkennen selbst, daß ihr Versuch. die historische Logik der<br />
ästhetischen Diskussion zu begreifen, noch vorläufig bleiben muß. Hier wird zweifellos<br />
ein Defizit weniger dieses Beitrages als der fortschrittlichen Kunstgeschichte insgesamt<br />
erkennbar. Es gelingt noch nicht, ästhetische Kategorien <strong>und</strong> ihre Uminterpretationen<br />
in verschiedenen historischen Kontexten konsequent sozialgeschichtlich zu begründen,<br />
d.h. die theoretische Diskussion stringent in Relation zu der sie f<strong>und</strong>ierenden Praxis -<br />
nicht nur der Baupraxis - zu analysieren.<br />
So wird in dem Band auch nicht das Problem der Periodisierung angegangen. das eine<br />
wesentliche Frage historischer Forschung ist <strong>und</strong> z.B. in der Literaturwissenschaft seit<br />
einigen Jahren neu diskutiert wird. Der Versuch steht noch aus. die divergierenden<br />
bzw. konvergierenden ästhetischen Strömungen <strong>und</strong> ideengeschichtlichen Traditionsstränge,<br />
die die Kunstgeschichte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts bestimmen, dialektisch aufeinander<br />
sowie auf die Geschichte des bürgerlichen Emanzipationskampfes <strong>und</strong> die beginnende<br />
Arbeiterbewegung zu beziehen <strong>und</strong> damit auch einen kunstgeschichtlichen Beitrag<br />
zum Epochenproblem im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert zu leisten. Jutta Held (Osnabrück)<br />
Herding, Klaus (Hrsg.): Realismus als Widerspruch. Die Wirklichkeit in<br />
Courbets Malerei. Suhrkamp Verlag, Frankfurt/M. 1978 (337 S., br., 12,- DM).<br />
Courbet, wesentliche Teile seines Werks, sein ästhetisches <strong>und</strong> politisches Selbstverständnis,<br />
zeitgenössische Rezeptionsansätze <strong>und</strong> Versuche aus unserer Zeit, die früheren<br />
Rezeptionsweisen zu erklären <strong>und</strong> selbst moderne vorzuschlagen: all dies ist Gegenstand<br />
des vorliegenden Buches. Der thematischen Vielfalt entspricht die Vielfalt der<br />
Texte, die diese Künstlermonographie vereint. Künstler <strong>und</strong> Werk gewinnen ästhetisches<br />
<strong>und</strong> politisches Relief durch dokumentierte Äußerungen <strong>und</strong> Einschätzungen des<br />
Künstlers selbst <strong>und</strong> seiner Zeitgenossen wie Proudhon, Zola, Champfleury, Buchon,<br />
Baudelaire u.a. Hinzu gesellen sich Aufsätze der neueren Courbet-Forschung, denen<br />
ein Interesse gemeinsam ist in verschiedener Gestalt - sei' s als Bildinterpretation (W.<br />
Hofmann über die 'Schlafende Spinnerin'), als Aufarbeitung der Rezeptionsgeschichte<br />
eines Werks (M. Nungesser über 'Die Steinklopfer' , T). Clark über mehrere Werke),<br />
oder als sozialgeschichtliche Untersuchung über die Entstehung eines Werks (K. Herding<br />
über das 'Atelier des Malers'): das Interesse nämlich, den Zugang zum künstlerischen<br />
Werk dadurch zu eröffnen, daß sowohl seine Entstehung als auch seine histori-<br />
DAS ARGUMENT 121 i 19HO