Westeuropäische Linke und "dritter Weg" - Berliner Institut für ...
Westeuropäische Linke und "dritter Weg" - Berliner Institut für ...
Westeuropäische Linke und "dritter Weg" - Berliner Institut für ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Geschichte 465<br />
Von den vielfältigen Aspekten der Beziehungen zwischen Nationalsozialismus <strong>und</strong><br />
'Antike' hat der Autor einen Ausschnitt zur Bearbeitung gewählt: er behandelt die<br />
Formen <strong>und</strong> Resultate direkter staatlicher <strong>und</strong> parteipolitischer Maßnahmen gegenüber<br />
dem Universitätsfach 'Alte Geschichte' <strong>und</strong> (soweit davon nicht zu trennen) den anderen<br />
Disziplinen der Altertumswissenschaft, wie Klassischer Philologie oder Archäologie.<br />
Er stützt sich sowohl auf frühere Literatur wie hauptsächlich auf Akten der NS-Zeit. Es<br />
ergibt sich dabei das Bild eines Teilaspektes der NS-Wissenschaftspolitik <strong>und</strong> ein Einblick<br />
in die Geschichte der deutschen Altertumswissenschaft im Faschismus, letzteres<br />
freilich, wie Losemann selbst einräumt, von einer begrenzten Perspektive her, der 'äußeren'<br />
Geschichte des Faches.<br />
Losemann beginnt mit der Beschreibung der 'Säuberung' der Universitäten von politisch<br />
mißliebigen <strong>und</strong> von jüdischen Wissenschaftlern. Die Altertumswissenschaften<br />
waren davon in besonders hohem Maß betroffen, allerdings nicht deswegen, weil bei<br />
ihr viele Vertreter der politischen <strong>Linke</strong>n zu finden gewesen wären, sondern (bedingt<br />
durch die spezifischen Emanzipationsmöglichkeiten der jüdischen Bürger in Deutschland)<br />
besonders viele Juden. Selbst die aus politischen Gründen vertriebenen Althistoriker<br />
Arthur Rosenberg <strong>und</strong> Ernst Stein waren zugleich als Juden von der 'Säuberung'<br />
betroffen. War von diesen Maßnahmen die Wissenschaft zunächst nur passiv betroffen,<br />
so standen spätestens mit der Neubesetzung der durch die 'Säuberung' vakant gewordenen<br />
Lehrstühle Voraussetzungen <strong>und</strong> Erfolg der NS-Maßnahmen im Zusammenhang<br />
mit <strong>und</strong> in Abhängigkeit von der inneren Entwicklung des Faches. Losemann zeigt dabei<br />
eine doppelte Entwicklung auf:<br />
Auf der einen Seite gab es von 1933 an, z.T. auch schon vorher, zahlreiche Alterturnswissenschaftler,<br />
die sich dem Faschismus anschlossen <strong>und</strong> sich auch genuin faschistischen<br />
Wissenschaftsprogrammen mit Z.T. eindeutig rassistischen Zielen zur Verfügung<br />
stellten, wie z.B. der SS-Forschungs- <strong>und</strong> Lehrgemeinschaft 'Das Ahnenerbe' (F.<br />
Dirlmeier, R. Till, F. Altheim) <strong>und</strong> der Rosenberg'schen 'Hohen Schule', deren Münchener<br />
'<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> indogermanische Geistesgeschichte' vom Altphilologen Richard<br />
Harder geleitet wurde. Beide Projekte werden vom Autor im Hinblick auf die Alte Geschichte<br />
ausführlich <strong>und</strong> unter Einbeziehung von bisher vernachlässigten Quellen dargestellt.<br />
So erfährt man auch erstmals Genaueres über die im Rahmen der berüchtigten<br />
Kunsträuber-Bande 'Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg' 1941 in Griechenland durchgeführten<br />
Ausgrabungen, wo entgegen allen internationalen Abmachungen die F<strong>und</strong>materialien<br />
nach Deutschland verbracht wurden (teilweise freilich noch während des<br />
Krieges den griechischen Behörden wieder übergeben).<br />
Auch in der vom NS-Dozentenb<strong>und</strong> initiierten 'Lager-Arbeit' (Tagungen von Wissenschaftlern<br />
unter dem Motto 'Männerb<strong>und</strong> <strong>und</strong> Wissenschaft') fehlten die Altertumswissenschaftler<br />
(federführend H. Drexler) ebensowenig wie beim 'Kriegseinsatz<br />
der Geisteswissenschaften' (bes. H. Berve, J. Vogt).<br />
Andererseits mißlangen zahlreiche Versuche von Partei <strong>und</strong> NS-Staat, Forschung<br />
<strong>und</strong> Lehre in den Altertumswissenschaften vollkommen der NS-Ideologie zu untetwerfen.<br />
Als eine der Ursachen da<strong>für</strong> beschreibt Losemann anschaulich die vielfachen Kompetenzschwierigkeiten<br />
<strong>und</strong> Konfusionen innerhalb des nationalsozialistischen Herrschaftsapparates<br />
selbst. Das führte z.B. dazu, daß die Berufungspolitik des Reichserziehungsministeriums<br />
sich bis 1945 z.T. gegen direkten Widerstand aus der Partei durchaus<br />
an 'fachlichen' Kriterien orientierte, wenn man einmal davon absieht, daß politisch<br />
suspekte oder jüdische Wissenschaftler von vornherein chancen los waren. Es gab in der<br />
Alten Geschichte jedenfalls keinen dem Fach von 'außen' aufgezwungenen NS<br />
Parteigänger auf einem Lehrstuhl (<strong>und</strong> auch in der Klassischen Philologie gab es davon<br />
nur sehr wenige).<br />
Aber auch auf dem eigentlich ideologischen Feld war der Faschismus nicht schlecht-<br />
DAS ARGUMENT 12111980 ©