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Aufarbeitung der Heimerziehung in der DDR - Fonds Heimerziehung

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Was hilft ehemaligen Heimk<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> bei <strong>der</strong> Bewältigung ihrer komplexen Traumatisierung?<br />

<strong>Heimerziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> abgehalten.<br />

Von den neuen Bundeslän<strong>der</strong>n wurden e<strong>in</strong>ige<br />

Recherchen und Studien zum Thema <strong>Heimerziehung</strong><br />

<strong>in</strong> Auftrag gegeben und teilweise<br />

bereits veröffentlicht.<br />

Bisher s<strong>in</strong>d die Angebote für die ehemaligen<br />

Heimk<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>in</strong> den neuen Bundeslän<strong>der</strong>n<br />

sehr unterschiedlich und une<strong>in</strong>heitlich, für<br />

die Betroffenen die Situation deshalb auch<br />

noch sehr unübersichtlich. Es liegen vielerlei<br />

Bemühungen vor, die Geschichte <strong>der</strong> ehemaligen<br />

<strong>DDR</strong>-Heimk<strong>in</strong><strong>der</strong> aufzuarbeiten und<br />

Hilfen anzubieten. Bisher standen dafür aber<br />

noch ke<strong>in</strong>e Mittel aus dem geplanten <strong>Fonds</strong><br />

zur Verfügung. Mit Beschluss des Runden<br />

Tisches <strong>Heimerziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> BRD sollen ab<br />

2012 bundesweit auch <strong>in</strong> den neuen Län<strong>der</strong>n<br />

spezielle Anlauf- und Beratungsstellen e<strong>in</strong>gerichtet<br />

werden.<br />

2.7 Wünsche und Vorschläge <strong>der</strong> Berater,<br />

um dem Bedarf an Hilfen gerecht zu<br />

werden<br />

Die Berater/-<strong>in</strong>nen haben aufgrund ihrer<br />

bisherigen Erfahrungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> praktischen<br />

Arbeit mit ehemaligen Heimk<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>der</strong><br />

<strong>DDR</strong> e<strong>in</strong>en guten Überblick, was bisher fehlt<br />

und noch dr<strong>in</strong>gend benötigt wird, um den<br />

Betroffenen ausreichende Hilfen anbieten<br />

zu können. Folgende Vorschläge wurden<br />

unterbreitet.<br />

Notwendigkeit und Ausstattung e<strong>in</strong>er<br />

speziellen Anlaufstelle<br />

Alle Berater/-<strong>in</strong>nen s<strong>in</strong>d sich aufgrund des<br />

ständig steigenden Beratungsbedarfs ehemaliger<br />

Heimk<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> darüber e<strong>in</strong>ig,<br />

dass möglichst schnell bundesweit spezielle<br />

Anlauf- und Beratungsstellen e<strong>in</strong>gerichtet<br />

werden müssen. Die Entscheidung, wo diese<br />

angesiedelt werden, sollte aber nicht e<strong>in</strong>fach<br />

von oben erfolgen. Es wäre e<strong>in</strong> Auswahlverfahren<br />

anzustreben, um festzustellen,<br />

welche Stellen geeignet s<strong>in</strong>d, die vielfältigen<br />

Aufgaben zu erfüllen. Es müsse beson<strong>der</strong>s<br />

darauf geachtet werden, dass die dort Tätigen<br />

auch das Vertrauen <strong>der</strong> Betroffenen f<strong>in</strong>den<br />

können und über genügende Erfahrungen<br />

mit dem Thema <strong>der</strong> <strong>Heimerziehung</strong> und im<br />

Umgang mit Betroffenen verfügen. Die Beratungsstellen<br />

sollten unabhängig se<strong>in</strong> und<br />

selbstständig arbeiten können. Die Aufgabe<br />

<strong>der</strong> Antragsbearbeitung auf Entschädigungsleistungen<br />

müsste von <strong>der</strong> eigentlichen<br />

Beratungstätigkeit getrennt werden. Die<br />

Kont<strong>in</strong>uität <strong>der</strong> Arbeit sei e<strong>in</strong>e wichtige Voraussetzung<br />

für den Beratungserfolg, deshalb<br />

sei es erfor<strong>der</strong>lich, feste und längerfristige<br />

Beraterstellen zu schaffen. Kont<strong>in</strong>uität <strong>der</strong><br />

Beraterpersonen sei notwendig zum Aufbau<br />

vertrauensvoller Beziehungen zu den Betroffenen,<br />

damit diese sich überhaupt öffnen<br />

können, um die notwendigen Erfahrungen<br />

und das H<strong>in</strong>tergrundwissen zu erhalten und<br />

tragfähige Strukturen zu entwickeln. Es<br />

müssten pro Anlaufstelle m<strong>in</strong>destens zwei<br />

Mitarbeiter/-<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>gestellt werden, damit<br />

die vielfältigen Aufgaben bewältigt werden<br />

können, die doch erhebliche psychische Belastung<br />

nicht nur auf e<strong>in</strong>e Person beschränkt<br />

bleibt, e<strong>in</strong> Austausch und e<strong>in</strong>e gegenseitige<br />

Unterstützung möglich ist und auch e<strong>in</strong>e Vertretung<br />

bei Krankheit o<strong>der</strong> Urlaub. Es gebe<br />

Befürchtungen bei den Heimk<strong>in</strong><strong>der</strong>n, dass zu<br />

viel Geld für organisatorische Zwecke ausgegeben<br />

werde und nicht genug für die direkten<br />

Hilfen für die Betroffenen übrig bleibe.<br />

Deshalb gebe es Bestrebungen beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong><br />

ehemaligen Westheimk<strong>in</strong><strong>der</strong>, die Zahl <strong>der</strong><br />

Anlaufstellen zu beschränken. S<strong>in</strong>nvoll wäre<br />

es deshalb zu überdenken, ob nicht e<strong>in</strong>e vom<br />

Entschädigungsfonds unabhängige F<strong>in</strong>anzierung<br />

<strong>der</strong> Anlaufstellen möglich wäre.<br />

Die Berater benötigen e<strong>in</strong> ausreichendes<br />

Wissen <strong>in</strong> unterschiedlichen Bereichen, da<br />

sie mit den verschiedensten Berufsgruppen<br />

kommunizieren müssen. E<strong>in</strong>e spezielle Fortbildung<br />

<strong>der</strong> Berater/-<strong>in</strong>nen sei erfor<strong>der</strong>lich,<br />

um dieses notwendige Wissen über die Heimzustände<br />

und Heimerfahrungen <strong>der</strong> Betroffenen,<br />

über die Aktenrecherche, zur Stellung<br />

von Rehabilitierungsanträgen, über Entschädigungsleistungen,<br />

<strong>der</strong> Vermittlung sozialer<br />

Hilfen und berufsför<strong>der</strong>n<strong>der</strong> Maßnahmen<br />

abdecken zu können. Vermittelt werden<br />

müssen aber auch die notwendigen Grundlagen<br />

für den Umgang mit den Betroffenen<br />

z. B. durch e<strong>in</strong>e spezielle Ausbildung zum<br />

Traumaberater. E<strong>in</strong>e <strong>der</strong>artige Ausbildung<br />

schaffe auch das notwendige Sicherheitsgefühl<br />

im Umgang mit den Betroffenen für die<br />

Berater und beuge e<strong>in</strong>er Überfor<strong>der</strong>ung o<strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>er sogenannten sekundären Traumatisierung<br />

<strong>der</strong> Berater vor. Auch e<strong>in</strong>e regelmäßige<br />

Supervision sollte obligat se<strong>in</strong>, damit die Berater<br />

die belastenden Inhalte <strong>der</strong> Gespräche<br />

mit den Betroffenen verarbeiten können.<br />

Die Anlaufstellen müssen ausreichend bekannt<br />

gemacht werden, z. B. durch die Erstellung<br />

von Flyern, E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>er Webseite<br />

und die Vermittlung <strong>der</strong> Kontaktdaten über<br />

Presse, Medien und Ämter. Wie e<strong>in</strong>e Betroffene<br />

treffend anmerkt:<br />

„Nicht je<strong>der</strong> hat e<strong>in</strong> Internet, es muss auch im<br />

letzten Dorf <strong>der</strong> Republik ankommen.“<br />

Da viele Betroffene nicht mobil s<strong>in</strong>d, ke<strong>in</strong><br />

Auto besitzen, die Fahrtkosten nicht tragen<br />

können, krankheitsbed<strong>in</strong>gt nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage<br />

s<strong>in</strong>d, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen,<br />

muss die Anlaufstelle auch quasi zu ihnen<br />

kommen, also Hausbesuche o<strong>der</strong>, wie schon<br />

bei den Beratungen <strong>der</strong> ehemaligen Haftopfer<br />

praktiziert, regelmäßig <strong>in</strong> verschiedenen<br />

Orten <strong>der</strong> Republik e<strong>in</strong>e mobile Beratung<br />

anbieten.<br />

Die Anlaufstellen erfüllen e<strong>in</strong>e Art Weichenfunktion,<br />

deshalb sei e<strong>in</strong>e Vernetzung<br />

im jeweiligen Bundesland mit allen Stellen<br />

notwendig, die <strong>in</strong> die Rehabilitierung, Entschädigung,<br />

För<strong>der</strong>ung, Therapie <strong>der</strong> Betroffenen<br />

e<strong>in</strong>bezogen werden müssen, wie z. B.<br />

Arbeitsämter, Krankenkassen, Rentenstellen,<br />

Jugendämter, Gerichte, Kl<strong>in</strong>iken o<strong>der</strong><br />

ambulante Behandler. Zum Erfahrungs- und<br />

Wissensaustausch <strong>der</strong> Anlaufstellen untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

wären regelmäßige bundesweite<br />

Treffen s<strong>in</strong>nvoll. Die Berater sollten immer<br />

die gesamte Lebenssituation <strong>der</strong> Betroffenen<br />

im Blick haben und darauf die notwendigen<br />

Hilfsmöglichkeiten abstimmen.<br />

Fortbildungsangebote für beteiligte<br />

Stellen<br />

Durch Schaffung von Fortbildungsangeboten<br />

für die Entscheidungsträger wie Behörden,<br />

Versorgungsämter, Rentenstellen, Gerichte,<br />

Rehakammer, Arbeitsämter, Therapeuten<br />

usw. sollten die notwendigen Kenntnisse<br />

über die Heimerfahrungen und <strong>der</strong>en Folgen<br />

vermittelt werden.<br />

S<strong>in</strong>nvoll wäre es auch, schriftliches Informationsmaterial<br />

(z. B. <strong>in</strong> Form von Broschüren)<br />

sowohl über das allgeme<strong>in</strong>e Heimwissen<br />

als auch mit speziell auf die Bedürfnisse<br />

bestimmter Empfänger ausgerichteten<br />

Inhalten (z. B. für Juristen, Arbeitsämter)<br />

zu erstellen und Berichte <strong>in</strong> Fachblättern<br />

<strong>der</strong> verschiedenen Berufsbereiche (Richter,<br />

Jugendamtsmitarbeiter, Ärzte, Psychologen<br />

usw.) zu veröffentlichen.<br />

Auch e<strong>in</strong>e Fortbildung <strong>der</strong> ärztlich-psychologischen<br />

Gutachter sei dr<strong>in</strong>gend notwendig.<br />

Hier falle den Beratern immer wie<strong>der</strong> auf,<br />

dass die Gutachter über zu wenig H<strong>in</strong>tergrundwissen<br />

verfügen und deshalb die<br />

Zusammenhänge <strong>der</strong> Folgestörungen mit den<br />

Heimerfahrungen oft nicht beurteilen könnten.<br />

Es sei deshalb erfor<strong>der</strong>lich, Listen mit<br />

Namen ausreichend qualifizierter Gutachter<br />

zu erstellen, um unnötige Belastungen von<br />

den Betroffenen fernzuhalten.<br />

Forschung<br />

Es gebe noch zu wenig Wissen über den<br />

Verbleib <strong>der</strong> Akten <strong>der</strong> Jugendhilfe und<br />

wie die Inhalte <strong>der</strong> Akten auszulegen seien,<br />

aber auch über die Zustände <strong>in</strong> bestimmten<br />

Heimen und zu den Folgen <strong>der</strong> <strong>Heimerziehung</strong><br />

auf die Betroffenen, welche Rolle die<br />

Erzieher spielten. Es wäre deshalb dr<strong>in</strong>gend<br />

e<strong>in</strong>e weitere Forschung zu för<strong>der</strong>n, die sich<br />

mit diesen Wissenslücken befasst. S<strong>in</strong>nvoll<br />

wäre es, wenn Studien sich auf die Erforschung<br />

e<strong>in</strong>zelner Heimorte o<strong>der</strong> spezieller<br />

Heimtypen (wie z. B. den Durchgangsheimen,<br />

den Son<strong>der</strong>komb<strong>in</strong>aten) beschränken<br />

würden, um repräsentative Ergebnisse zu<br />

erzielen, die den Rehakammern <strong>der</strong> Gerichte<br />

o<strong>der</strong> den zuständigen Stellen für<br />

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