Aufarbeitung der Heimerziehung in der DDR - Fonds Heimerziehung
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Erziehungsvorstellungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Heimerziehung</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong><br />
Ebene<br />
Sekretäre des Zentralkomitees <strong>der</strong><br />
SED<br />
M<strong>in</strong>isterium für Volksbildung<br />
147<br />
Abteilung Jugendhilfe/<strong>Heimerziehung</strong><br />
<strong>in</strong>nerhalb des M<strong>in</strong>isteriums<br />
für Volksbildung<br />
Abteilungen <strong>der</strong> Volksbildung<br />
<strong>in</strong> den Bezirken, Referate<br />
Jugendhilfe/<strong>Heimerziehung</strong><br />
Abteilungen <strong>der</strong> Volksbildung <strong>in</strong><br />
den Bezirken, Referate Jugendhilfe/<br />
<strong>Heimerziehung</strong><br />
Abteilungen <strong>der</strong> Volksbildung <strong>in</strong> den<br />
Kreisen und größeren Kommunen,<br />
Referate Jugendhilfe/<strong>Heimerziehung</strong><br />
Abteilungen <strong>der</strong> Volksbildung <strong>in</strong> den<br />
Kommunen bzw. Stadtteile <strong>in</strong><br />
größeren Kommunen, Referate<br />
Jugendhilfe/<strong>Heimerziehung</strong><br />
147 Die Bezeichnungen wechselten.<br />
Zuständigkeit<br />
Allgeme<strong>in</strong>e politische Verantwortung für die Volksbildung, <strong>in</strong>nerhalb<br />
<strong>der</strong>er die Jugendhilfe angesiedelt war<br />
Allgeme<strong>in</strong>e Planung <strong>der</strong> Perspektiven über längere Zeiträume, aber<br />
auch direkte E<strong>in</strong>griffe <strong>in</strong> das alltägliche Geschehen („operative<br />
Arbeit“) durch e<strong>in</strong>e Unterabteilung<br />
Allgeme<strong>in</strong>e politische Verantwortung <strong>der</strong> M<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> Margot Honecker<br />
und des für die Jugendhilfe zuständigen Stellvertreters<br />
Verwaltung und operative Leitung des gesamten Bereichs <strong>der</strong> Jugendhilfe<br />
und <strong>Heimerziehung</strong><br />
Koord<strong>in</strong>ation <strong>der</strong> <strong>Heimerziehung</strong> <strong>in</strong>sgesamt, Verantwortung und<br />
Genehmigung von E<strong>in</strong>weisungen für<br />
• den Geschlossenen Jugendwerkhof Torgau,<br />
• das Aufnahme- und Beobachtungsheim <strong>in</strong> Eilenburg<br />
• das Komb<strong>in</strong>at <strong>der</strong> Son<strong>der</strong>heime<br />
Aus- und Weiterbildung <strong>der</strong> Mitarbeiter e<strong>in</strong>schließlich <strong>der</strong> dafür vorgesehenen<br />
Institutionen<br />
Allgeme<strong>in</strong>e Verantwortung für die Jugendhilfe und <strong>Heimerziehung</strong> im<br />
Bezirk (Personal, F<strong>in</strong>anzen, Gebäude und ihre Ausstattung, Umsetzung<br />
zentraler Weisungen)<br />
Verwaltung und operative Anleitung <strong>der</strong> Durchgangsheime, Spezialk<strong>in</strong><strong>der</strong>heime<br />
und Jugendwerkhöfe, Koord<strong>in</strong>ation <strong>der</strong> E<strong>in</strong>weisungen <strong>in</strong><br />
die Spezialheime<br />
Bearbeitung von Beschwerden, die von unteren Instanzen abgelehnt<br />
worden s<strong>in</strong>d durch die Jugendhilfeausschüsse<br />
Weiterbildung von Mitarbeitern<br />
Allgeme<strong>in</strong>e Verantwortung für die Jugendhilfe und Normalheime im<br />
Kreis (Personal, F<strong>in</strong>anzen, Gebäude und ihre Ausstattung, Umsetzung<br />
zentraler Weisungen)<br />
Verwaltung und operative Anleitung <strong>der</strong> Normalheime<br />
Beschlüsse <strong>der</strong> Jugendhilfeausschüsse zur Heime<strong>in</strong>weisung<br />
Bearbeitung von Beschwerden über Maßnahmen <strong>der</strong> Jugendhilfe<br />
durch die Jugendhilfeausschüsse<br />
Organisation <strong>der</strong> Jugendhilfe „vor Ort“, Arbeit <strong>der</strong> Jugendfürsorger,<br />
Zusammenarbeit mit den gesellschaftlichen und politischen<br />
Organisationen<br />
Teilweise auch Verantwortung für Normalheime<br />
Beschlüsse <strong>der</strong> Jugendhilfekommissionen zur Erziehungshilfe<br />
3. Das Heimsystem <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>-<br />
Jugendhilfe<br />
Die K<strong>in</strong><strong>der</strong>heime <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> waren Teil e<strong>in</strong>es<br />
übergreifenden Systems <strong>der</strong> Erziehung und<br />
Sozialisation von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und Jugendlichen.<br />
E<strong>in</strong> Teil dieses Systems ist im letzten Kapitel<br />
beschrieben worden, es waren aber weitere<br />
– hier nicht näher zu beschreibende – Organisationen<br />
beteiligt (Jugendorganisationen,<br />
M<strong>in</strong>isterien für Inneres und Justiz, Propaganda,<br />
Parteiapparat <strong>der</strong> SED).<br />
Im Kontext dieser Machtstruktur entwickelte<br />
sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> seit 1951 e<strong>in</strong><br />
dreistufiges Heimsystem. Es war <strong>in</strong> Nor malheime,<br />
Spezialheime und weitere Son<strong>der</strong>e<strong>in</strong>richtungen,<br />
die den Spezialheimen zugeordnet<br />
waren, unterglie<strong>der</strong>t. Der Aufbau<br />
dieses Systems war 1965 abgeschlossen und<br />
wurde nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Details 1987 geän<strong>der</strong>t.<br />
3.1 Wege <strong>in</strong>s Heim<br />
Die rechtlichen Aspekte <strong>der</strong> Heime<strong>in</strong>weisungen<br />
müssen an dieser Stelle nicht detailliert<br />
dargestellt werden. Ihre Erklärung nimmt<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> zeitgleich angefertigten Rechtsexpertise<br />
(Frie<strong>der</strong>ike Wapler, „Rechtsfragen <strong>der</strong><br />
<strong>Heimerziehung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong>“) e<strong>in</strong>en ausreichenden<br />
Raum e<strong>in</strong>. Wenn die Heime<strong>in</strong>weisungen,<br />
ihre Verfahren und Gründe dennoch<br />
hier beschrieben werden, dann deshalb, weil<br />
bestimmte Aspekte für die pädagogische<br />
Betrachtung erhellend s<strong>in</strong>d. Auch die h<strong>in</strong>zugefügten<br />
statistischen Angaben halten wir<br />
für wichtig und <strong>in</strong>teressant.<br />
3.1.1 Die Heime<strong>in</strong>weisungsverfahren<br />
Die <strong>DDR</strong> war das e<strong>in</strong>zige Land des Ostblocks,<br />
<strong>in</strong> dem die Anordnung öffentlicher Erziehung<br />
nicht von Gerichten angeordnet wurde. Sie<br />
wurde bis 1965 vom Leiter <strong>der</strong> Jugendhilfe<br />
und danach von Ausschüssen beschlossen.<br />
E<strong>in</strong> E<strong>in</strong>spruch war nur auf dem Wege <strong>der</strong><br />
e<strong>in</strong>maligen Beschwerde an die beschließende<br />
Behörde möglich. Insofern wi<strong>der</strong>sprach das<br />
E<strong>in</strong>weisungsverfahren nicht nur rechtsstaatlichen<br />
Grundsätzen, son<strong>der</strong>n auch <strong>der</strong> üblichen<br />
Praxis <strong>in</strong> den an<strong>der</strong>en sozialistischen<br />
Län<strong>der</strong>n.<br />
Die drei wichtigsten Heime<strong>in</strong>weisungsverfahren<br />
werden <strong>in</strong> <strong>der</strong> folgenden Tabelle<br />
zusammengefasst. 148 H<strong>in</strong>zuweisen ist im<br />
Zusammenhang dieser Expertise beson<strong>der</strong>s<br />
auf die möglichen Initiatoren e<strong>in</strong>es Verfahrens<br />
auf Heime<strong>in</strong>weisung. In e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>ternen<br />
Ausarbeitung hieß es dazu 1986: „Die Heime<strong>in</strong>weisung<br />
von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und Jugendlichen<br />
kann von Direktoren <strong>der</strong> Schulen, von Eltern<br />
o<strong>der</strong> von Jugendhilfekommissionen beantragt<br />
werden bzw. auf Grund an<strong>der</strong>er Informationen<br />
notwendig werden.“ 149<br />
Zu untersuchen ist <strong>in</strong> diesem Zusammenhang<br />
die Praxis, M<strong>in</strong><strong>der</strong>jährige ohne formales<br />
Verfahren <strong>in</strong> Heime e<strong>in</strong>zuweisen. 150 Nach<br />
bisheriger Aktenkenntnis sche<strong>in</strong>t es sich<br />
dabei um mehr als nur wenige E<strong>in</strong>zelfälle zu<br />
handeln. Bezirks<strong>in</strong>terne Anweisungen über<br />
das E<strong>in</strong>weisungsverfahren erwecken zum<strong>in</strong>dest<br />
den E<strong>in</strong>druck, E<strong>in</strong>zelheiten seien nicht<br />
zentral geregelt worden. 151 Nachzugehen ist<br />
H<strong>in</strong>weisen, dass mitunter Straftäter <strong>in</strong> Jugendwerkhöfe<br />
e<strong>in</strong>gewiesen worden s<strong>in</strong>d. 152<br />
148 Sachse, 2011, S. 124.<br />
149 Leiter <strong>der</strong> Abteilung Jugendhilfe und<br />
<strong>Heimerziehung</strong>: Analyse und Standpunkte zur<br />
weiteren Entwicklung <strong>der</strong> politisch-pädagogischen<br />
Arbeit <strong>in</strong> den Spezialk<strong>in</strong><strong>der</strong>heimen (ohne Datum,<br />
1986). In: BArch DR 2/12190.<br />
150 Brief <strong>der</strong> Abteilung Volksbildung, Referat<br />
Jugendhilfe des Rates des Bezirkes Erfurt an das<br />
M<strong>in</strong>isterium für Volksbildung vom 22. Januar 1970,<br />
E<strong>in</strong>weisungen <strong>in</strong> Jugendwerkhöfe ohne vorherige<br />
Ermittlungen betreffend. In: BArch DR 2/51127.<br />
151 Anweisung über das E<strong>in</strong>weisungsverfahren<br />
für K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendliche <strong>in</strong> die Heime <strong>der</strong><br />
Jugendhilfe vom 1. April 1982. In: BLHA Rep. 801 RdB<br />
Ctb, Nr. 23607.<br />
152 Jugendwerkhöfe <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>DDR</strong> (undatiert, nach<br />
Dezember 1989). In: BLHA Rep. 401 RdB Pdm, Nr.<br />
24492.<br />
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