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ARBEITSGRUPPE 4<br />
Soziale Probleme und<br />
rechtspopulistische Demagogie<br />
Prof. Siegfried Jäger, Duisburger Institut für Sprachund<br />
Sozialforschung, DISS<br />
Rechtsextremismus und Rassismus wurden insbesondere seit dem letzten Jahr<br />
durch die Politik derart skandalisiert, dass man meinen konnte, das Problem<br />
würde nun entschlossen und radikal angegangen. Dennoch zeigt dieser öffentliche<br />
Diskurs, die breite Skandalisierung bzw. Tabuisierung von Rechtsextremismus<br />
und Rassismus bis hin zum beantragten Verbot der NPD nicht, dass die<br />
Gefahr wirklich ernsthaft angegangen wird. Schaut man sich die Debatten<br />
an, könnte man den Eindruck gewinnen, dass die spezifi schen Umstände, die<br />
den Faschismus und seine Menschenfeindlichkeit hervorbrachten, keineswegs<br />
fortdauern, dass sie massiv angegangen wurden, dass sie sich auf jeden Fall<br />
demokratisch bändigen lassen und sich die Aussichten auf eine wirklich demokratische<br />
Gesellschaft mit dieser Kampagne erheblich verbessert hätten. Meines<br />
Erachtens wäre dies jedoch eine zu optimistische Sicht. Überfälle auf Einwanderer<br />
und fremd aussehende Menschen, Behinderte, Schwule, Obdachlose finden<br />
weiterhin statt. Nationalistische und antisemitische Töne sind trotz dieser<br />
Kampagne weiterhin und sogar viel offener zu hören als in den letzten Jahren.<br />
Politiker der so genannte Mitte bedienen sich oder verteidigen noch eindeutiger<br />
Skinhead-Parolen. Wir haben es also mit einer gesellschaftlichen Entwicklung zu<br />
tun, die zwar keine Wiederholung des Dritten Reiches bedeuten wird, die aber<br />
eine Gesellschaft zur Folge haben könnte, die autoritär, gefährlich und für viele<br />
Menschen bedrohlich ist. Um mit Horkheimer zu sprechen: „Die Umstände, die<br />
den Faschismus zeitigen, sind weiterhin vorhanden.“<br />
Dazu stelle ich eine These auf, die durchaus provozierend gemeint ist. Und<br />
zwar argumentiere ich hier aus diskursanalytischer Sicht. Sie lautet: „Der deutsche<br />
Faschismus, einschließlich des Völkermords an den Juden, war der Effekt<br />
einer komplexen, aber historisch kontingenten, also historisch zufälligen Diskursverschränkung.“<br />
Damit will ich nicht sagen, dass es ein historischer Zufall<br />
war, sondern der Effekt einer historisch kontingenten, die in wie auch immer<br />
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