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dass man sie fortsetzt, ohne sich ihrer Zulässigkeit überhaupt erst zu vergewissern.<br />
Nirgends darf jemand seinem Nachbarn ungestraft die Wohnung anzünden,<br />
weil dieser anderer Hautfarbe ist. Niemand darf ungestraft zuschlagen, nur weil<br />
es ein Gefühl von Fremdheit gibt. Daran muss meines Erachtens nicht viel herumgedeutelt<br />
werden. Die Menschen brauchen in ihrem Zusammenleben verbindende<br />
Werte wie Vertrauen, Solidarität und Stolz auf Erreichtes. Irre ich mich<br />
oder werden positive Begriffe in unserem Sprachschatz zunehmend gestrichen?<br />
Diese Frage klingt banal, solange wir die Folgen nicht wahrnehmen. Die Rechtsextremen<br />
haben unsere Schwäche längst erkannt und das, was wir übersehen,<br />
mit Erfolg ihrem Kodex zugeschlagen. Auch so werben sie sich Zulauf. Demagogisch<br />
behaupten sie deutsche Tugenden. Daraus nährt sich ihre nationalistische<br />
Gewissheit. So kann nach und nach das alltäglich Selbstverständliche von<br />
rechts besetzt werden, ohne dass wir es aufhalten. Das ist auch der Grund für<br />
mein Interesse an diesem Thema. Wir dürfen einfach nicht zulassen, dass Worte<br />
zum Kampfbegriff des politischen Feindes werden. Wir haben die Aufgabe dafür<br />
zu sorgen, dass Begrifflichkeiten humanistisch untersetzt werden. Wenn wir es<br />
nicht tun, überlassen wir diese Welt den anderen! Feinde, nicht Gegner sind uns<br />
die Rechtsextremisten oder besser Neofaschisten allemal.<br />
Auf Englisch gibt es einen anderen Überbegriff – „hate speach“. Das meint<br />
hasserfülltes Reden, im Unterschied zum Handeln, auf der Grundlage anderer<br />
Rasse, Religion oder nationaler Unterschiede. „Hate speach“ ist in den USA<br />
verfassungsmäßig durch das „first amendment“ als freie Meinungsäußerung geschützt.<br />
Dieses oberste Verfassungsgebot bringt neuerdings internationale Probleme<br />
mit sich. Nach den allgemeinen Menschenrechten und in westlichen<br />
Demokratien wie Kanada, Deutschland und Großbritannien sind rechtsextreme<br />
Inhalte ein strafrechtlicher Verfolgungstatbestand. Es kann und es wird keine<br />
Harmonisierung des Rechts nach US-amerikanischen Vorbild geben, aber vermutlich<br />
sehr weitreichende und folgenreiche Debatten. Warum erwähne ich das?<br />
Wir leben im elektronischen Zeitalter. Die Globalisierung und die weltweite Vernetzung<br />
mittels Internet zwingen uns nicht nur politisch und moralisch über<br />
Deutschlands Versagen zu lamentieren, sondern den kritischen Vergleich zu suchen<br />
und solche juristischen Details in ihrem historischen, regionalen Kontext<br />
für uns und andere als handlungsrelevant zu erkennen. Schließlich wird heute<br />
ein Großteil rechtsextremer Propagandahetze in Kalifornien produziert und per<br />
Internet auch nach Deutschland übertragen. Technisch scheint es immer noch<br />
schwierig, Filter gegen Rechts einzuschieben. Juristisch ist gegen das „first<br />
amendment“ der USA-Rechtsauffassung noch nicht anzukommen. Dennoch: Es<br />
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