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ei vorsichtiger Schätzung angenommen werden kann, dass zu diesem Zeitpunkt<br />
mindestens 80 Prozent der Skinhead-Fascho-Szene über einen in der DDR geachteten<br />
sozialen Status verfügten. Das waren also keine Outlaws, wie man das<br />
bei den Punks hatte. Die Fascho-Skinheads waren die guten Beispiele an den<br />
Arbeitsplätzen – sauber, ordentlich, pünktlich. In den DDR-Bezirken bildeten<br />
sich bis zur Wende Organisationsstrukturen heraus, die als Grundstock rechtsextremer<br />
Kaderparteien angesehen werden können. Unter anderem waren folgende<br />
Gruppen aktiv – ich nenne nur ganz wenige aus der großen Masse: Die NS-<br />
Kradstaffel Friedrichshain in Berlin, Freicorps Mengele in Klingenthal, Bucher<br />
Volkssturm, Gubener Heimatfront, Söhne der Arier in Erfurt.<br />
Im Rahmen der Gesellschaft für Sport und Technik (GST) hatten viele von ihnen<br />
die Ausbildung an Waffen genießen können. Spezialkampftechniken konnte<br />
man erlernen, eine Ausbildung zum Fallschirmspringer bekommen oder Kampfschwimmer<br />
werden. Man darf daraus allerdings nicht die Schlussfolgerung ziehen,<br />
dass sie gefördert wurden. Sie waren sehr repressivem Druck ausgesetzt. In<br />
einem Überwachungsstaat wie der DDR war eine rasante Ausbreitung der Szene<br />
öffentlich nicht möglich. Sehr früh waren sie gezwungen, Aktivitätsformen außerhalb<br />
des unmittelbaren politischen Raumes zu suchen, ein Vorgang, der<br />
die Tür zur heute manifesten Verankerung des Rechtsextremismus im soziokulturellen<br />
Raum aufstieß. Hauptaktionsfeld waren Berufsschulen, aber auch<br />
neunte und zehnte Klassen der Polytechnischen Oberschulen. Diese Altersstufe<br />
ist übrigens schwerpunktmäßig mit den heutigen Entwicklungen in den neuen<br />
Bundesländern identisch. Sukzessiv wurden die Aktivitäten zur Besetzung von<br />
Jugendclubs verstärkt. Das Modell von Angst, Terror und Gewalt wurde in dieser<br />
Zeit geprägt. Deshalb waren ein Großteil der Strukturen 1989 einfach da.<br />
Dann kam Entwicklungshilfe aus den alten Bundesländern dazu. Es gab schon<br />
vor 1989 Kontakte im Fußballumfeld, auch zur Wehrsportgruppe Hoffmann.<br />
1988 bildeten sich die ersten Sympathisantengruppen für rechtsextreme bundesdeutsche<br />
Organisationen und Ansätze – für entsprechende Agitation in den<br />
Arbeitsstätten mit dem Ziel irgendwann und irgendwie Parteianschluss zu finden.<br />
Das war ein relativ schwieriges Unterfangen. Wie es auch in der linken<br />
Opposition war, hat sich jede Gruppierung eine andere Gruppierung aus dem Westen<br />
herausgesucht. Bernd Wagner spricht immer davon, dass diejenigen, die die<br />
Republikaner gewählt haben, nicht zum intelligenteren Teil gehört hätten. Die<br />
anderen hätten eher konspirativ gearbeitet und versucht, andere Organisationen<br />
hoffähig zu machen. Sofort nach dem Fall der Mauer siedeln rechtsextremistische<br />
Kader aus dem Westen direkt nach Ostberlin über. Dazu gehören Kühnen,<br />
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