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Modernisierungsverlierers und meint damit all diejenigen, die vor den immer höheren<br />

Orientierungsanforderungen und dem Informations-Overkill kapitulieren,<br />

diejenigen, die die alltägliche Reizüberflutung als eine existentielle Bedrohung<br />

empfinden.<br />

So sehen viele Sozialwissenschaftler neben den sozialen vor allem auch in den<br />

so genannten psychischen Modernisierungsverlierern das Reservoir für rechte<br />

Ideologien, das heißt unter solchen Menschen, die – ökonomisch zwar hinreichend<br />

gut situiert – dennoch den psychologischen und intellektuellen Orientierungsa<br />

nforderungen der modernen (Medien-)Gesellschaft nicht mehr gewachsen sind<br />

und die sich so vor der Reiz- und Informationsüberflutung abzuschotten suchen<br />

durch bewusste Abgrenzungsstrategien – in ihrer Wahrnehmung wie auch in ihrem<br />

Denken. Schon Adorno schrieb in den „Studien zum autoritären Charakter“: „Die<br />

... Aufgabe, das ‚Unverständliche‘ zu verstehen, führt zu einer paradoxen Lösung,<br />

die die Sackgasse erkennen lässt, in die viele Menschen geraten. Das Individuum<br />

tendiert dazu, zwei Tricks anzuwenden, die einander widersprechen: Stereotypie<br />

und Personalisierung, also Wiederholungen infantiler Muster! ... Stereotypie lässt<br />

sich durch Erfahrung nicht ‚korrigieren‘; erst muss die Fähigkeit restituiert werden,<br />

Erfahrungen zu MACHEN!“ 2<br />

Kulturell-ästhetische Schlüsselbegriffe sind in diesem Zusammenhang z.B.<br />

Natur, Frau, Mann, Volk, ethnische Identität usw. Diese Kategorien beschwören<br />

Altes, Anthropologisches, Unveränderliches und Hinzunehmendes.<br />

Wenn die sozialen Zugehörigkeiten immer bröseliger werden, dann steigt man<br />

um auf Zugehörigkeiten, die einem keiner nehmen kann, weil sie sozusagen „naturhaft“<br />

sind: Rasse, Hautfarbe, Nation: „Ich bin stolz ein Deutscher zu sein“,<br />

das ist dann die letzte uneinnehmbare Bastion. So irrational und in keiner Weise<br />

stichhaltig die Zuordnungskriterien (weder kulturell noch biologisch) dabei auch<br />

sein mögen, der große Vorteil einer solchen Identifi kation ist das Kategorische<br />

an ihr: Man postuliert und nimmt sich damit zugleich das Recht, jede Diskussion<br />

als irrelevant zu verweigern.<br />

Diese Gegenmoderne fegt also die Fragen vom Tisch, die die Moderne aufwirft.<br />

Und die Vordenker der Neuen Rechten beschwören ja gerade das Ende des<br />

Außerordentlichen, des Unübersichtlichen, des Extravaganten. Gerade die Kunst<br />

soll nicht länger Diskurse anregen. Nicht kritische Distanz oder die Fähigkeit,<br />

2<br />

Zit. nach Lutz Neitzert „Kunst und Unterricht“, 185, 1994<br />

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