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stimmung mit einem Mehrheitskonsens zu handeln. Um die Schutzlosigkeit und<br />

Rechtlosigkeit der Flüchtlinge zu überwinden, ist die Politik deshalb durch gesetzgeberische<br />

Maßnahmen gefordert, sicherzustellen, dass sie in Deutschland<br />

nicht mehr als Menschen zweiter Klasse behandelt werden können.<br />

Der Migrationforscher Klaus Bade resümiert in seinem Buch „Europa in Bewegung“:<br />

„Solange das Pendant der Abwehr von Flüchtlingen aus der Dritten Welt,<br />

die Bekämpfung der Fluchtursachen in den Ausgangsräumen fehlt, bleibt diese<br />

Abwehr ein historischer Skandal, an dem künftige Generationen das Humanitätsverständnis<br />

Europas im späten 20. und frühen 21. Jahrhundert ermessen<br />

werden.“ Und der Soziologe Ulrich Beck fordert „die europäische Doppelmoral zu<br />

überwinden, dass für Menschen in anderen Ländern nicht gilt, was Europa als<br />

Menschenwürde definiert und schützt“.<br />

Wie ist es mit diesem Anspruch der Menschenwürde nach dem europäischen<br />

Gipfel in Tampere bestellt? Der diese wunderschöne Formel beschlossen hat,<br />

„auf ein gemeinsames Asylsystem hinzuwirken, das sich auf die uneingeschränkte<br />

und allumfassende Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention stützt“.<br />

Nach wie vor werden Menschen, die seit Jahren hier leben und integriert sind,<br />

deren Kinder hier geboren sind und keine andere Heimat als Deutschland kennen,<br />

in ihnen fremde Länder abgeschoben. Nach wie vor fehlt eine Härtefallregelung<br />

im Ausländergesetz, die humanitäre Bleiberechtsregelungen ermöglicht.<br />

Nach wie vor finden verfolgte Frauen, unbegleitete Flüchtlingskinder und Opfer<br />

von Bürgerkriegen und Gewalt nicht den angemessenen Schutz. Nach wie vor<br />

sind die sozialen Lebensbedingungen für Asylsuchende so unerträglich, abschreckend<br />

und zermürbend, dass die Menschenwürde vieler Flüchtlinge tagtäglich<br />

in Deutschland verletzt wird. Und nach wie vor werden Menschen aus<br />

Deutschland abgeschoben und dabei des Risikos erneuter Verfolgung, Folter und<br />

Verhaftung in ihren Heimatländern ausgesetzt.<br />

Deshalb: Eine unserer wichtigsten Anstrengungen im Verlauf der Europäischen<br />

Debatte über Menschenrechte und Flüchtlingsschutz muss das Hinterfragen<br />

der verborgenen Rechtfertigungen, das Aufzeigen der Widersprüche, die<br />

Entlarvung politischer und ideologischer Lebenslügen sein – neben der Radikalität<br />

und Klarheit unserer Parteinahme für Flüchtlinge und Minderheiten. Denn<br />

ideologische Sprache schafft immer Mythen. So ist es in der Politik derzeit immer<br />

noch beliebt im Zusammenhang mit dem humanitären Interventionismus im<br />

Kosovo von einem Paradigmenwechsel hin zu einem neuen Völkerrecht zu sprechen.<br />

Aber von einem Paradigmenwechsel kann man doch erst dann sprechen,<br />

wenn die Staaten und Regierungen nicht länger versuchen, den einmal erreich-<br />

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