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ge: Einerseits, dass dieser falsche Deal bis heute wirkt. Exakt zehn Jahre und<br />

neun Monate nach der Unterzeichnung des Abkommens und sechs Jahre nach<br />

seiner förmlichen Inkraftsetzung zwischen zunächst sieben Staaten, werden<br />

weitere Ausgleichsmaßnahmen gefordert. Als der Schengen-Acquis, das heißt<br />

die Abkommen und rund 200 nachfolgende Beschlüsse des Schengener Exekutivkomitees,<br />

mit dem Amsterdamer Vertrag in den Rahmen der EU überführt wurde,<br />

verankerte man gleichzeitig eine Erklärung, wonach mindestens der Standard<br />

des „Schutzes und der Sicherheit“ zu erhalten sei, den der Schengen-Acquis<br />

vorsieht. Die Binnengrenzen sind zwar überhaupt nicht polizeifrei geworden,<br />

trotzdem sinnt man ständig über Ausgleichsmaßnahmen. Europa ist offenbar<br />

bedroht – und zwar von außen.<br />

Festzuhalten ist andererseits, dass mit der Schengen-Diskussion diese Vorstellung<br />

der von außen kommenden Bedrohung zur gemeinsamen Währung der<br />

europäischen Politik Innerer Sicherheit geworden ist. Europa drohe zum Mekka<br />

der Kriminalität zu werden, erklärte schon in den 80ern der damalige Chef<br />

des Bundeskriminalamts Boge. Wenn sie einmal die Außengrenzen der EU überschritten<br />

hätten, dann könnten skrupellose Drogenhändler, Terroristen und unerwünschte<br />

Ausländer sich vollkommen unbehelligt in der EG bewegen. An<br />

dieser Horrorvorstellung ist die Melange bemerkenswert. Drogenhändler, Terroristen<br />

und Menschen, die allenfalls das Bagatelldelikt der illegalen Einreise und<br />

des illegalen Aufenthalts begangen haben, stehen hier auf derselben Stufe.<br />

Die Zuordnung der (illegalen) Immigration in den Dunstkreis der „organisierten<br />

Kriminalität“ nahm Anfang der 90er Jahre konkretere Formen an. In der BRD<br />

wurde 1994 der Straftatbestand der Einschleusung und insbesondere der kommerziellen<br />

Einschleusung im Strafgesetzbuch verankert – mit Strafen bis zu zehn<br />

Jahren. Derzeit sind auf EU-Ebene Rahmenbeschlüsse in Vorbereitung, die diese<br />

Straftatbestände europaweit verankern sollen. Dass die Abschottung der Grenzen<br />

notwendigerweise zu einer Illegalisierung von Flüchtenden und Einwanderern<br />

führen musste, dass man mit schärferen Visabestimmungen geradezu das<br />

Fundament für die kommerzielle Fluchthilfe legte, dass keineswegs alle Schlepper<br />

aus finanziellen Motiven handeln – all diese Argumente, die z.B. vom UNHCR<br />

vorgetragen werden, spielten für Regierungen kaum eine Rolle.<br />

Klar ist, dass die Suche nach Illegalen und „kriminellen Ausländern“ unweigerlich<br />

dazu führen musste, dass der „unbescholtene“ Rest der Bevölkerung ohne<br />

den EU-Pass in Mitleidenschaft gezogen wurde. Schließlich steht niemandem, der<br />

„ausländisch“ aussieht, ins Gesicht geschrieben, ob er ein Visum hat, ob er eingebürgert<br />

ist, wie das bei den meisten maghrebinischen Leuten in Frankreich der Fall<br />

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