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liche Kulturpolitik nach realsozialistischen Reflexen auf der einen und durch<br />

neoliberale Tendenzen auf der anderen Seite beherrscht. Für die neoliberalen<br />

Tendenzen wirkt sich heute vor allem die Tatsache günstig aus, dass der bisherige<br />

Prozess der EU-Integration beinahe gänzlich dem Markt überlassen wurde.<br />

Ungarn wurde weitgehend zum Wirtschaftsfaktor degradiert. Als logische Konsequenz<br />

wird auch die EU-Integration als eine von oben herab geführte erneute<br />

„Kolonisation der Quote“ erlebt, weshalb die für sie dringend notwendige<br />

geistig-kulturelle Basis fehlt.<br />

Der Rassismus erwächst also aus dem Nationalismus, dem „Trost der Verlierer“,<br />

selbst wenn sie nicht de facto Verlierer sind, sondern sich im sozialpsychologischen<br />

Sinne nur so fühlen, etwa infolge von Identitätsverlust nach dem<br />

Auflösen der geschlossenen Gesellschaft der Kádár-Ära. Zum Erhalten der politischen<br />

Stabilität in Europa ist es also höchste Zeit für langfristig angelegte<br />

Investitionen in die kulturellen Identitäten einer künftigen zivilen Gesellschaft.<br />

Denn nur stabile Identitäten weichen den Fragen reflexiver Modernisierung nicht<br />

aus und halten Spannungen und Differenzen stand. Kultur darf wiederum nicht<br />

länger als Instrument des Machterhalts oder als das einer erhofften Gewinnmaximierung<br />

benutzt werden. Sie muss gegenüber Markt und Politik weitgehend<br />

autonom bleiben, denn nur eine autonome Kultur kann eine hohe Integrationsleistung<br />

hervorbringen und gesellschaftlich stabilisierend wirken.<br />

Tatjana Zhdanok, Vorsitzende der „Equal Rights“ Partei, Lettland<br />

Ich wurde gebeten, über die lettische Situation und die baltischen Staaten im<br />

Allgemeinen zu sprechen. Ich muss sagen, dass die Tendenzen und Entwicklungen<br />

in Lettland nach den Veränderungen 1989 und 1991 – besonders was Toleranz<br />

und Nichtdiskriminierung angeht – eher zerstörend sind. Besonders die<br />

Situation in Litauen und Estland ist hier bedenklich. Der Antisemitismus ist in<br />

Lettland weit verbreitet und ein Gewohnheitsphänomen. Die Gründe für dieses<br />

Phänomen, das ganz allgemein in allen osteuropäischen und besonders in postsowjetischen<br />

Ländern gilt, wurden bereits in unserem Workshop erwähnt. Ich<br />

werde mich daher auf einige spezifische Aspekte konzentrieren, die meiner Meinung<br />

nach grundlegend sind und für solche Trends positive Rahmenbedingungen<br />

schaffen.<br />

Zunächst einmal ist das der spezifische Status der drei baltischen Staaten, die<br />

1989/1991 aus den damaligen Entwicklungen hervorgegangen sind. Der zweite<br />

Grund ist der Ansatz der doppelten Standards westlicher Regierungen und in-<br />

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