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tradierte Vorurteile. Wir wissen, dass ein Vorurteil keiner Erklärung bedarf. Es<br />

versteht sich von selbst. Wie eine Endlosschleife vererben sich Klischees und<br />

Vorurteile über Juden, Zigeuner, Intellektuelle und Linke von einer Generation<br />

auf die andere. Dieser Kreislauf muss unbedingt unterbrochen werden!<br />

Nicht ganz so endlos sind die öffentlichen Gedanken über die verstrickten<br />

Motivationskomplexe bei Rechtsextremen. Auch hier müssen wir Abschied von<br />

eindimensionalen Erklärungen nehmen. Die Rechten stehen nicht außerhalb<br />

oder am Rande der Bevölkerung, sondern mittendrin. Machen wir uns nichts vor,<br />

die Entwicklung zum Rechtsextremismus ist auch eine kulturpolitische Angelegenheit,<br />

an der die gesamte Gesellschaft ihren Anteil hat.<br />

Wo aber sehen wir uns eigentlich in diesem Zusammenhang? Alltäglich wird<br />

überall mit viel Gewalt auf Störungen reagiert. Abwicklungen, Entlassungen,<br />

Mobbing gehören dazu. Es ist ein harter, rücksichtsloser Kampf, den nur wenige<br />

schadlos überstehen. Gewalt ist in Wort und Bild als vielschichtige Brutalität,<br />

als normatives Verhalten auch in privaten Beziehungen zwischen Männern und<br />

Frauen, Eltern und Kindern, Kindern und Jugendlichen eingepegelt. Die Prügelstrafe<br />

war und ist immerhin Teil deutscher Leitkultur. Gäste aus dem Ausland<br />

sprechen von einer spürbaren Aggressivität im Alltag und meinen Autobahnen,<br />

Kaufhallen, die Schärfe des Tones zwischen den Generationen ... In Deutschland<br />

wird wenig gelacht, wunderte sich ein Gast aus Israel.<br />

Was folgt aus all dem? Wir haben kein festes Gesamtbild. Wir wissen kaum,<br />

wie die gesellschaftliche Akzeptanz von kulturellen Unterschieden gefördert<br />

werden kann. Wir müssen herausfinden, wie viel Überschreitung welcher Norm<br />

möglich ist, ohne dass die Demokratie dadurch gefährdet wird. Eines aber ist<br />

klar: Wir werden nicht hinnehmen, dass sich Menschen abends nicht mehr auf<br />

die Straßen wagen, dass Dunkelhäutige die S-Bahn nicht nur in den Nachtstunden<br />

meiden und Schülergruppen Polizeischutz benötigen, um ins Berliner Umland<br />

zu fahren. Es wird aber keine Lösung von oben geben. Die Gesellschaft<br />

muss sich für das Zusammenleben und gegen terroristische Angst entscheiden.<br />

Wir sind gefordert, dabei zu sein und zu handeln. Jede Pöbelei und jedes Hakenkreuz<br />

an einer Häuserwand irgendwo in Deutschland, jeder Neonaziaufmarsch,<br />

jede Verwüstung eines jüdischen Friedhofs, jede Schmiererei an einem sowjetischen<br />

Ehrenmal, jedes Propagandadelikt, jeder Schlag ohne oder mit bundesdeutschem<br />

Pass muss uns zum Aufschrei, zum aktiven Protest bewegen.<br />

Für uns geht es um Handeln und Analyse. Es geht um auszudifferenzierende<br />

Zusammenhänge, um den Kontext aus deutscher Geschichte und Vergangenheit,<br />

um die Folgen für die deutsche, europäische und globale Gegenwart und um<br />

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