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er nicht falsch ist. Wenn wir über konkrete Handlungsoptionen im Kampf gegen<br />

die aktuelle Ausländerpolitik, über die Gewaltexzesse gegen AusländerInnen reden,<br />

liegt die Ursache nicht allein in der vorherrschenden Produktionsweise. Ich<br />

gehe lieber mit einem nichtrassistischen mittelständischen Unternehmer auf eine<br />

Demo gegen Rassismus, als mit einem bekennenden Rassisten auf eine Demo<br />

gegen das Kapital.<br />

Denn auch darüber müssen wir reden, wenn wir über die dubiose Mitte der<br />

Gesellschaft und über Bündnisfragen diskutieren: Ich glaube, dass es in der<br />

Vergangenheit in allen existierenden Gesellschaftsformen – bis heute – Rassismus<br />

gab und gibt. Wer aber im Kampf gegen den Kapitalismus den Rassismus<br />

als gegeben akzeptiert, muss sich nicht wundern, wenn es irgendwann zu rotbraunen<br />

Bündnissen kommt. Diese Diskussion ist auch in der Bundesrepublik<br />

nicht neu. Man konfrontiert uns ja immer wieder damit, dass wir oft ähnliche<br />

soziale Forderungen wie die Rechten hätten. Ich denke, dass man genau aufpassen<br />

muss, und dass man vor allem die Unterschiede deutlich machen muss.<br />

Antikapitalismus ist eben nicht automatisch links.<br />

Andersherum besteht die Gefahr nämlich nicht. Es gibt keinen einzigen nichtrassistischen<br />

Rechtsextremisten. Deswegen möchte ich den Horkheimer-Satz mit<br />

Absicht etwas provokant weiter führen: Er sagt, wer vom Kapitalismus nicht reden<br />

will, sollte auch vom Faschismus schweigen. Ich ergänze: Wer vom Rassismus<br />

nicht reden will, sollte auch zum Kapitalismus lieber schweigen.<br />

Eines ist sicher, da sind wir uns einig: Ohne Sozialismus wird es keine in unseren<br />

Augen gerechte, solidarische oder internationalistische Gesellschaft geben.<br />

Die Frage ist aber für mich, ob der Umkehrschluss auch zulässig ist: Wenn wir<br />

Sozialismus haben, gibt es keinen Rassismus mehr? Auch darüber muss man sich<br />

auseinander setzen, denn die Existenz der DDR, wobei das nicht der Sozialismus<br />

war, wie ich ihn mir vorstelle, hat unter Beweis gestellt, dass es auch in ihr<br />

genau das gab, was rechtes Denken heute so wesentlich ausmacht: autoritäres,<br />

rassistisches, militaristisches Denken. Das ist unter den Bedingungen der Vergesellschaftung<br />

der Produktionsmittel nicht abgeschafft worden. Es existierte<br />

in der DDR ganz genau wie heute. Davor darf man nicht die Augen verschließen<br />

und auch davor nicht, dass die Vergangenheit heute gerade in den neuen<br />

Bundesländern nachwirkt. Ich will hier nichts gleichsetzen, sondern dafür sensibilisieren,<br />

dass man es nicht unter den Tisch fallen lassen kann. Ich denke,<br />

dass diese Verklärung aufhören muss, wenn dem etwas entgegengesetzt werden<br />

soll. Eine prima Kapitalismuskritik zu haben, reicht für mich nicht aus, antifaschistisch<br />

zu sein.<br />

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