download
download
download
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
auch MigrantInnen mit einem legalen Aufenthaltsstatus oder etwa schwarze<br />
Deutsche die Grenzregion meiden, weil sie wissen, dass sie dort mit kollektivem<br />
Misstrauen der Bevölkerung und mit ständigen Kontrollen durch BGS und Polizei<br />
konfrontiert werden. Und damit gilt für die unmittelbare Grenzregion, was<br />
man auch verallgemeinern kann, dass nämlich ein Staat, der mit seiner Flüchtlingspolitik<br />
eine solche Signalwirkung erzielt, Rassismus nicht erfolgreich wird<br />
bekämpfen können.<br />
Die Menschenjagden – man muss es wirklich so nennen – an der Ostgrenze<br />
haben aber auch ganz unmittelbare Konsequenzen. Da sind die mindestens 90<br />
Menschen, die seit 1993 beim Versuch, die Ostgrenze zu überqueren, ums Leben<br />
gekommen sind. Gefahr droht Einreisenden wie gesagt vor allem beim Überqueren<br />
von Oder und Neiße, wo entweder zu kleine Boote oder flache Stellen im<br />
Wasser genutzt werden. Beides ist gleichermaßen lebensgefährlich, zumal die<br />
meisten Grenzübertritte nachts stattfinden und der Bundesgrenzschutz – obwohl<br />
die Beamten sehr genau wissen, was für ein kritischer Moment das ist –,<br />
auch während die Leute übersetzen, versucht, diese einzufangen. Ebenfalls tödlich<br />
enden immer wieder sich an den eigentlichen Grenzübertritt anschließende<br />
Verfolgungsjagden, sei es im Auto oder zu Fuß. Das letzte Opfer hat es am 18.<br />
April im sächsischen Schmölln gegeben, als ein junger Mann aus Vietnam nach<br />
einer Verfolgungsjagd im Auto und dann zu Fuß auf der Flucht vor BGS-Beamten<br />
und ihren Hunden in einen Steinbruch gestürzt und ums Leben gekommen ist.<br />
Die genauen Umstände dieser Nacht sind weiterhin ungeklärt. Es gibt keine Ermittlungen<br />
seitens des BGS oder der Polizei. Wir haben als FFM vor Ort recherchiert<br />
und die örtlichen Begebenheiten werfen ganz eindeutig die Frage auf,<br />
warum sich dieser Mann überhaupt dem Graben, in den er dann tödlich gestürzt<br />
ist, genähert hat. Auch hier wäre die direkte Verfolgung durch einen Polizeihund<br />
eine mögliche Erklärung. In jedem Fall steht zu befürchten, dass dieser Mann<br />
nicht das letzte Todesopfer bleiben wird.<br />
So wie es wohl weiterhin dort Tote geben wird, wird es aber auch weiterhin<br />
Menschen geben, denen es gelingt, unregistriert einzureisen. Wie viele das sind<br />
oder das sein werden, darüber ließe sich allenfalls spekulieren. Unklar ist auch,<br />
wie viele sich dabei tatsächlich auch der Hilfe Dritter bedienen. Es gibt Menschen<br />
auf beiden Seiten der Grenzen, die – zum Teil kommerziell – Leuten, die<br />
sich gezwungen sehen, heimlich einzureisen, bei der Organisation und Durchführung<br />
behilflich sind. Und ganz sicher gibt es darunter auch solche, die verantwortungslos<br />
vorgehen und die Notlage der Flüchtlinge ausnutzen. Dennoch<br />
gilt es dem derzeitigen Diskurs um so genannte Schlepper entgegenzutreten,<br />
61