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des Antisemitismus aufs Neue. Trotzdem blieb die dringend notwendige geistigkulturelle<br />
Aufarbeitung der eigenen Geschichte auf der Strecke und stattdessen<br />
stieg der Stellenwert von gewinnorientierten, wirtschaftlichen Interessen und<br />
von Marktgesetzen von Kunst und Kultur gegenüber der Ästhetik und den bildungspolitischen<br />
Aufgaben. Identitätsstiftend wurden immer mehr schnelle und<br />
billige Massenprodukte. Die Kultur schien die letzten Reste ihrer Autonomie zu<br />
verlieren und war kaum mehr fähig, zu Selbstreflexionen beizutragen. Es stellte<br />
sich heraus, dass der Markt ein listigerer Feind von Identität und kultureller<br />
Autonomie sein kann als der Einparteienstaat, da er im Gegensatz zur Diktatur<br />
fähig ist vorzutäuschen, dass die Kunst ausschließlich dem inneren Anspruch<br />
folgt. Als Gegenbewegung gegen die Globalisierung, die kulturelle nationale Eigenheiten<br />
nivelliert, versuchen die ungarischen Konservativen seit der Wende<br />
die prä-realsozialistische Bürgertradition wiederherzustellen und sich auf altherkömmliche<br />
ungarische Wertvorstellungen zu besinnen bzw. sich an alten Modellen<br />
zu orientieren. Je lauter die Kritik an den Konservativen wird, desto<br />
intensiver ist ihr Rückzug auf altungarische historische Symbole und Reliquien.<br />
Da jedoch in Ungarn eine konservative Haltung zu definieren außerordentlich<br />
schwierig ist, bedeutet der Rückgriff der postkommunistischen neuen Rechten<br />
auf die 20er und 30er Jahre als Hauptquelle ihrer Wertvorstellungen gleichzeitig<br />
den Aufschwung von damals zum Wesen des Konservatismus gehörenden volksnationalen<br />
Ideen. So fällt der Kampf des nach einem christlichen Ungarntum<br />
und nach einer organisch ungarischen Kultur strebenden Konservatismus mit<br />
dem Kampf gegen die Juden oder gegen die, die dafür gehalten werden, und deren<br />
Sympathisanten zusammen. Zumal sich in der politischen Linken heute traditionell<br />
eher die Anhänger westlicher Demokratien und des kosmopolitischen<br />
Liberalismus versammeln; Prinzipien also, die schon in der Monarchie jüdischen<br />
Vorstellungen entsprachen. Dem hasserfüllten ungarischen Kulturkampf liegt also<br />
auch ein massiver Antisemitismus zugrunde, der jedes Mal wächst, wenn eine<br />
konservative Koalition das Land regiert. Auch die gegenwärtige rechtskonservative<br />
Regierung versucht der „McDonaldisierung“ – wie die Kommerzialisierung<br />
der Kultur genannt wird –, mit der Förderung eines von Staats wegen angeordneten<br />
christlich-nationalistischen Wertkonservatismus entgegenzuwirken. So<br />
wurde in strategisch wichtigen Bereichen der Kultur der Einfluss der Regierung<br />
erheblich vergrößert. Zudem wurde ein dem Ministerpräsidenten zugeordnetes<br />
und finanziell gepolstertes Millenniumsbüro eingerichtet, von dem Propagandaschriften<br />
zum Millennium direkt ins Haus geliefert werden. Mit modernen PR-<br />
Techniken versucht man die ungarische Neurose zu lindern, die aus der Lage<br />
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