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sind. Dabei fiel mir etwas auf. Fast in jedem Gespräch wurde eine merkwürdige<br />
Vereinzelung beklagt. Das heißt die LehrerInnen fühlten sich in ihren Lehrerkollektiven<br />
isoliert, vor allem bei Fragen wie Rechtsextremismus und Gewalt.<br />
Gleichzeitig habe ich immer wieder gehört, dass nur einige wenige Schüler und<br />
zunehmend auch Schülerinnen nötig sind, um das Gesamtklima an einer Schule<br />
zu vergiften. Das ist erschreckend richtig. Anderswo halten zehn oder fünfzehn<br />
gewaltbereite Jugendliche an Wochenenden ihren Ort in Atem. Doch damit der<br />
Terror solcher Kleingruppen wirken kann, müssen alle anderen die Fenster mit<br />
dicken Gardinen schließen und sich die Ohren zuhalten. Ist es immer so gewesen?<br />
Ich wiederhole mich, aber mich treibt dieser Gedanke um. Ich kann und<br />
werde nie begreifen, wieso der massenmörderische Schrecken der Vergangenheit,<br />
der deutsche Völkermord, der letzte Weltkrieg, dessen Spuren bis heute in<br />
manchen Städten zu sehen sind, wieso die noch immer präsenten Erinnerungen<br />
von Zeitzeugen, wieso Filme, Bücher, Schulunterricht, wieso jahrzehntelanges<br />
öffentliches Nachdenken nicht ausreichten, um eine solche politische Alltagskultur<br />
zu schaffen, in der deutscher Nationalismus, Völkerverachtung und Rassismus<br />
keine Chance für niemanden haben. Stattdessen lese und höre ich von<br />
Holocaust-Leugnern, von Weltkriegsbegeisterung, von der Hetzjagd auf AsylbewerberInnen,<br />
von „national befreiten Zonen“, in denen organisierte und spontan<br />
gewaltbereite rechtsextreme Jugendliche nach eigenen Regeln mit Anwohnern<br />
und Gästen umgehen wollen. Umgehen heißt hier Ausgrenzen, Vertreiben, in<br />
Angst und Schrecken versetzen, ihnen ihre Ordnungsprinzipien aufzwingen. Auf<br />
Deutsch sprechen wir von Rechtsextremismus ohne nachzufragen, ob sich mit<br />
diesem Begriff die komplexen gesellschaftlichen Erscheinungen summieren. Das<br />
Wort Toleranz ist zum nicht weniger nachfragebedürftigen Gegenbegriff avanciert.<br />
Wenn wir die Naturwissenschaftler bemühen, erfahren wir, dass unter Toleranz<br />
die Mindestabweichung von genau fixierten Normen verstanden wird. Und<br />
schon Goethe wusste, dass es nicht um Toleranz, sondern um Akzeptanz geht.<br />
Die Demokratie steckt in einem schwierigen Handlungsfeld, denn es ist Konsens,<br />
dass Demokratie nicht von innen gefährdet ist. Hitlerdeutschland hat jedenfalls<br />
diesen demokratischen Grundkonsens aus allen Angeln gehoben. So versteht<br />
sich natürlich unsere extreme Wachsamkeit, die angesichts der hässlichen<br />
rechtsextremen Bilder immer wieder aufgewühlt wird.<br />
Was heißt das konkret? Wir müssen handeln! Auch die in Wissenschaft und<br />
Kultur Tätigen müssen mit ihren Antworten überall dort zur Stelle sein, wo Erklärungen<br />
gebraucht werden. Auch sie müssen über die negativ tradierten gesellschaftlichen<br />
Übereinkünfte reden, die im Alltag so selbstverständlich sind,<br />
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