19.11.2014 Aufrufe

GAP-JOURNAL 2012/13 - AFA

GAP-JOURNAL 2012/13 - AFA

GAP-JOURNAL 2012/13 - AFA

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

105<br />

gen auf die Translation hatte. Anhand von manipulativen Übersetzungen wurde die<br />

indigene Bevölkerung als rückständig dargestellt und ihre Wertestruktur sowie ihr<br />

Gesellschaftssystem abgewertet (vgl. Ashcroft/Griffiths/Tiffin 2002²:7). Durch die Vorherrschaft<br />

der Sprache der Kolonialmacht war der Translationsbedarf für literarische<br />

Werke von der indigenen Ausgangssprache in die europäische Zielsprache gering. Es<br />

wurden nur wenige Texte inder indigenen Sprache verfasst, was neben den bereits<br />

genannten Gründen noch auf zwei weitere Aspekte zurückgeführt werden kann. In der<br />

Zeit des Kolonialismus gab es in den Kolonien einerseits keine Verlage, die von der<br />

heimischen Bevölkerung geführt wurden, und andererseits war auch das heimische<br />

Zielpublikum aufgrund der hohen Analphabetisierungsrate sehr klein. Die Schriftsteller*innen,<br />

die Angehörige der kolonialisierten Bevölkerung waren, wurden also dazu<br />

gezwungen, ihre Werke inder Kolonialsprache zuschreiben und an das europäische<br />

Publikum und seinen Geschmack anzupassen (vgl. Memmi 02/09/1996:3).<br />

PostkolonialeÜbersetzungstheorie<br />

Postkoloniale Literatur wurde lange Zeit, wenn sie inder Sprache der ehemaligen Kolonialmacht<br />

verfasst war, als eine Unterkategorie, als ein „Anhängsel“ (Sametz-Art<br />

2002:4) von europäischer Literatur betrachtet und somit trotz der kulturellen Unterschiede<br />

und linguistischen Varietät nach europäischen Literaturnormen beurteilt und<br />

wie europäische Literatur übersetzt (vgl. Buden 2005:104f). Sowohl die Tatsache, dass<br />

sich postkoloniale Schriftsteller*innen anderer Schreibstile bedienen wie ihre europäischen<br />

Kolleg*innen, als auch der spezifische kulturelle Kontext, geprägt durch die<br />

Erfahrung des Kolonialismus, wurden also völlig außer Acht gelassen. Die postkoloniale<br />

Übersetzungstheorie entstand Mitte bzw. Ende der 1980er Jahre als ein Teilgebiet<br />

der Übersetzungstheorie im Zuge dieser Fokusverschiebung auf die Kultur imÜbersetzungsprozess<br />

aus Elementen der Anthropologie, Ethnografie und dem kolonialen Kontext<br />

und hat als eines ihrer Ziele sich mit der „shameful history of translation“<br />

(Bassnett/Trivedi 1999:5) auseinanderzusetzen und die Übersetzung als ein Mittel der<br />

Dekolonisierung (vgl. Wang2008:32)zunutzen. DiepostkolonialeÜbersetzungstheorie<br />

sieht die Übersetzung als „eine Form derRepräsentation fremder Kulturen“(Bachmann-<br />

Medick 1997:36) und hinterfragt ihre Rolle im(post)kolonialen Kontext. Sie konzentriert<br />

sich mehr auf den Kontext als den Text, und mehr auf die Macht und Ideologie,<br />

die sie ausüben und verbreiten kann, als auf die Worttreue zum Ausgangstext (vgl.<br />

Wang 2008:31). Weiter erforscht sie durch die Analyse des kolonialen Diskurses die<br />

Rolle der Übersetzung in den asymmetrischen Machtgefügen der Kolonialzeit und will<br />

die Strategien sichtbar machen, durch die die Translation imKolonialismus zueinem

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!